Rezension

Viel Zeitkolorit aus den 70er Jahren

Mein verkorkstes Sommersemester 79 - Bert Sieverding

Mein verkorkstes Sommersemester 79
von Bert Sieverding

Studentenzeit - Studium - große Liebe - unglückliche Liebe - 1979 - die 70er Jahre - Musik der 70er Jahre - Bafög - Anti-Atomkraft

"Es ist die Geschichte seines ersten Sommers im Studentenwohnheim. Es ist auch die Geschichte der geburtenstarken Jahrgänge, die BAföG-gefördert die Hörsäle bevölkerten, gegen Atomkraft, für Frieden, Natur- und Tierschutz demonstrierten und vom Verfassungsschutz bespitzelt wurden."

Ich selbst habe erst 1984 angefangen zu studieren. Aber mir ist auch 1979 noch gut in Erinnerung, 10 Klasse, Pubertät, Suche nach Anerkennung in der Clique, Suche nach dem eigenen Weg im Leben. Und natürlich: Die erste große Liebe.
So geht es auch Sigi, dem Protagonisten in diesem  Buch. Er kommt vom Land, aus eher ärmlichen Verhältnissen, seine Eltern sind Landwirte und er ist im Sommersemester 1979 im 2. Semester Maschinenbau an der TU in Braunschweig. Er studiert Bafög unterstützt (ja, das gab es damals wirklich oft, nicht wie heute, wo es fast kein Bafög mehr gibt, da die Einkommensgrenzen fast nie angehoben werden und meist nur noch Kinder von Akademikern die Uni besuchen). Und durch einige nicht gelungene Klausuren und durch ein nicht ordnungsgemäßes Praktikum verliert er für 3 Monate sein Bafög. Also plagen ihn große Geldsorgen. Aber das sind beileibe nicht seine größten Probleme. Sigi ist nämlich verliebt. Unglücklich verliebt. Denn seine große Liebe Anna ist schwanger. Nicht von ihm. Und Anna ist insgesamt eher dumm, naiv und egozentrisch. Aber wen hat das schon jemals davon abgehalten, zu lieben? Sigi jedenfalls liebt sie trotzdem. Und so verbringt er das Semester zwischen verzweifelten Versuchen, Anna zu vergessen  - und verzweifelten Versuchen, sie doch noch zu gewinnen.
Sigi ist also eher kein Held. Und von einer Gutmütigkeit, die nahezu dazu verleitet, ihn auszunutzen. Was Anna auch ausgiebig tut. Aber Sigi gewinnt auch Freunde. Und das ist das Schöne an der Geschichte, das Liebenswerte, was immer zwischendurch durchschimmert. Bei allem Drama. Und Drama gibt es reichlich. Für meinen Geschmack zu reichlich. Vor allem zu profan. Es ist zwar richtig, dass wir damals als Studenten nur Schrottautos fuhren, die dauernd kaputt gingen - aber ich will nicht abschnittweise darüber lesen. Und auch nicht über immer abstrusere Vorfälle.
Aber insgesamt bildet das Buch den Geist der Zeit ab. Und das hat mir gut gefallen. Anti-Atomkraft, der Aufstieg der Grünen, die Diskussion über die Kohle - alles immer noch aktuell - nur damals ganz anders betrachtet. Und natürlich Musik und Mode. Das Lesen war wie ein Flashback in diese Zeit.