Rezension

Viele Köche verderben den Brei

Die Bücherfrauen -

Die Bücherfrauen
von Romalyn Tilghman

Bewertet mit 2.5 Sternen

Ich liebe Bücher! Und ich bin eine Frau. Also bin ich wohl auch eine Bücherfrau. Der Titel des Romans hat mich sehr angesprochen, dementsprechend glücklich war ich darüber, „Die Bücherfrauen“ in einer Leserunde besprechen zu dürfen. Leider hat mich der Inhalt ratlos zurückgelassen.

Inhalt: 

Kansas, 2008: Die Bibliothekswissenschaftlerin Angelina (39) kehrt in die Heimatstadt ihres Vaters zurück, um dort ihre Dissertation zu beenden. Sie forscht bereits seit zehn Jahren über die sog. Carnegie-Bibliotheken und erhofft sich das Tagebuch ihrer längst verstorbenen Großmutter zu finden, die einst am Bau einer solchen Bibliothek beteiligt war. Die Künstlerin Traci (26) verschlägt es ebenfalls nach New Hope. Sie soll Kunst am Kulturzentrum der Stadt unterrichten, das mittlerweile in den Räumlichkeiten der ehemaligen Bibliothek untergebracht ist. Ihre Referenzen hat Traci dafür gefälscht. Sie will verbergen, dass sie gar nicht wirklich studiert hat. Und dann ist da auch noch Gayle, eine Frau aus der Nachbarstadt Prairie Hill. Durch einen Tornado hat sie ihre ganze Existenz verloren 

Meine Meinung:

Ich betone das Alter der Protagonistinnen so sehr, weil das mit meinem Hauptproblem in Verbindung steht. Die zeitlichen Zusammenhänge sind für mich rätselhaft geblieben.

Das Buch spielt im Jahr 2008 und bezieht sich auf die Jahre 1910 und 1911, in denen die Bibliothek gebaut wurde, Angelinas Großvater starb und ihr Vater geboren wurde. Angelinas Familiengeschichte wurde in diese große Zeitspanne hinein erzählt und das ging meines Erachtens nicht auf. Ich möchte an dieser Stelle nicht detailliert auf das Warum eingehen, weil ich diese Rezension spoilerfrei halten möchte. Nur so viel sei gesagt: Ein Vater, der in sehr hohem Alter noch Kinder zeugt, spielt dabei eine Rolle. 

Überhaupt bleibt Angelina als Protagonistin eher blass und wenig greifbar. Ihre Vergangenheit ist für mich nach wie vor unklar. Sie arbeitet seit zehn Jahren an ihrer Dissertation, ihre Recherchen scheinen jedoch noch ganz am Anfang zu stehen. Man erfährt einzig und allein, dass sie finanziell abhängig von ihrer emotional toxischen Mutter gewesen ist. Genauer beleuchtet wird aber auch das nicht. 

Die Geschichte wechselt in kurzen Kapitel zwischen den Sichtweisen von Angelina, Traci und Gayle.

Traci war meine Lieblingsprotagonistin. Sie wurde als Baby in einer Mülltonne gefunden und hat einen sehr geringen Selbstwert. Von ihr hatte ich das klarste Bild. Die Liebesgeschichte zwischen ihr und einem einheimischen Künstler fand ich süß, wenn auch überstürzt. Gayle hingegen blieb vollkommen undurchsichtig. Ihre Kapitel sind kürzer als die der anderen und irgendwie farblos. Ihre Geschichte scheint losgelöst vom Hauptplot und ich habe vergeblich darauf gehofft, dass die Autorin sie irgendwann integriert. 

An dieser Stelle kommen wir zu einem weiteren Problem des Buchs. Die Geschichte will zu viel auf einmal. Es gibt zahlreiche Probleme, die nur oberflächlich angerissen und dann zu schnell gelöst werden. Das Kulturzentrum, die Bibliotheken, die verfeindeten Städte, der Tornado, Angelinas Dissertation, Angelinas Vergangenheit, Tracis Vergangenheit, Tracis Lügen, ein schwerer Autounfall, Liebesgeschichten, emotional labile Teenager und und und. 

„Die Bücherfrauen“ hat viele Zutaten, die eine tolle Geschichte braucht, aber am Ende schmeckt das Essen nicht richtig, weil der Fokus verloren gegangen ist. 

Zusätzlich gestört hat mich, dass der Schreibstil der Autorin immer wieder zu einer unnötigen Dramatik neigt. Damit meine ich keine emotionalen Szenen, sondern dramatische Nebenschauplätze, auf die dann zu wenig eingegangen wird. Außerdem weint ständig jemand ohne nachvollziehbaren Grund. 

Die Sprache ist ansonsten einfach, aber flüssig lesbar. Ab und zu gibt es ein paar holprige Formulierungen.

Abschließend möchte ich unbedingt noch deutlich machen, wie wunderschön ich die Aufmachung des Hardcovers finde. Es ist ein Schmuckstück in jedem Bücherregal. Ich liebe den texturierten Einband und das reduzierte Cover. Es ist ein Jammer, dass der Inhalt diesem tollen Äußeren nicht gerecht werden kann.

Fazit:

Ich habe gelesen, dass die Übersetzerin von „Die Bücherfrauen“ auch „City of Girls“ von Elisabeth Gilbert aus dem Fischer-Verlag übersetzt hat. Das habe ich letztes Jahr gelesen und abgöttisch geliebt. So ein wundervolles, atmosphärisches und kluges Buch über ein Frauenleben abseits der Konventionen seiner Zeit. Genau so etwas habe ich mir von „Die Bücherfrauen“ auch erhofft. Wenn ich Bücher lese, dann will ich sie immer, immer, immer mögen. Aber das gelingt mir hier einfach nicht recht.