Rezension

Viele überraschende Wendungen...

Die Toten von Marnow - Holger Karsten Schmidt

Die Toten von Marnow
von Holger Karsten Schmidt

Bewertet mit 5 Sternen

Wo sind eigentlich unsere eigenen Grenzen zwischen Gut und Böse?

Oh, Asche auf mein Haupt – ich kannte den Autor von „Die Toten von Marnow“, Holger Karsten Schmidt, bisher nicht, mich hatte nur der Klappentext angesprochen. Doch schon bei der Autorenvorstellung im Buch erfuhr ich, dass er unter (offenen) Pseudonym Gil Ribeiro, der Verfasser der „Lost in Fuseta“ Bücher ist, einer Krimireihe, mit der ich schon länger liebäugele. Neugierig geworden konnte ich dann bei Wikipedia nachlesen, dass er mehrfacher Grimme-Preisträger, als Drehbuchautor u.a. für die Serie „Nord bei Nordwest“ verantwortlich ist, mehrere „Tatorte“ stammen aus seiner Feder, für „Gladbeck“ hat er den Deutschen Fernsehpreis erhalten und, und, und... Also glatt eine Bildungslücke bei mir...

„Die Toten von Marnow“ ist der Start einer Krimireihe, mit dem der Autor uns in „ein höchst ambivalentes Kapitel deutsch-deutscher Geschichte führt – und keine einfache Grenze zwischen Gut und Böse kennt.“ (Klappentext vorn)

Lona Mendt und Frank Elling arbeiten bei der Rostocker Kripo. Sie sind grundverschieden: Elling (den alle nur Elling nennen, sogar seine Ehefrau) ist der absolute Familienmensch, Lona genau das Gegenteil: lebt ohne festen Wohnsitz allein in einem Wohnmobil, ist unabhängig, unnahbar. Da dieser Krimi viele überraschende Wendungen nimmt, habe ich mich entschlossen, zum Inhalt lieber nichts zu schreiben, außer: es ist von der ersten bis zur letzten Seite sehr spannend und dramatisch, die Dialoge lebendig, die Szenen lassen das Kopfkino anspringen, der Schluss ist logisch und glaubwürdig – und hat noch eine letzte Überraschung parat!

Ein weiterer Aspekt dieses Buches ist, dass wir als Leser*innen häufig mit Werten, Normen und moralischen Standpunkten konfrontiert werden, die wir teilen oder ablehnen können, die uns aber wiederum sehr dazu anregen (zumindest ist es mir so ergangen), über unsere eigenen Grenzen zwischen Gut und Böse nachzudenken, wie würden wir uns in dieser oder jener Situation verhalten? Auch hier möchte ich wegen der großen Spoiler-Gefahr nicht zu sehr ins Detail gehen, sondern Wolfgang Schorlau zitieren, der auf dem hinteren Cover schreibt: “Die säuberliche Trennung zwischen Ermittler und Täter ist aufgehoben, wir Leser wissen nicht immer genau, ob die Guten wirklich gut sind – und erwischen uns dabei, wie wir ihnen trotz ihrer Fehltritte fest die Daumen drücken.“ Ja, diesen Satz kann ich vorbehaltlos unterschreiben. Einige Fragestellungen aus dem Buch hallen noch lange nach...

Mit hat das Buch ausgezeichnet gefallen, ich bin immer ganz begeistert, wenn ich die Kommissare auch in ihrem Privatleben kennenlerne, die Figuren werden für mich authentischer (dies nur als kleiner Hinweis für Leser, denen das private „Gedöns“ schnell zu viel wird!), ich fand hier die Mischung perfekt.

Wirklich, aus vielerlei Gründen ein lesenswertes Buch, dass ich vollkommen uneingeschränkt weiterempfehlen kann / möchte / muss (ist übrigens bei NDR-Kultur das „Buch des Monats“ - also ich und der NDR, wir können uns doch nicht irren und täuschen...?)!