Rezension

Vielschichtiges Krimi-Debüt mit Hamburg-Flair

Der Aussteiger - Thorsten Kirves

Der Aussteiger
von Thorsten Kirves

Auf einem Parkplatz in der Nähe einer Flüchtlingsunterkunft wird der Politikberater Lars Lutteroth erschlagen aufgefunden. Der Hamburger Kommissar Tom Simon ermittelt gemeinsam mit seiner Partnerin Mira Holbing in dem Mordfall, der sehr undurchsichtig erscheint. Lutteroths Agentur betrieb Lobbyarbeit und war in unsaubere Geschäfte verwickelt. Auch die familiären Verhältnisse des Ermordeten sind kompliziert, zu seinem Bruder besteht seit Jahrzehnten kein Kontakt. Dieser ist das glatte Gegenteil Lars Lutteroths: Ein Alt-Autonomist, der die Arbeit seines Bruders verachtet und zurückgezogen jenseits des Kapitalismus auf einem Bio-Bauerhof lebt. Des Weiteren entdecken die Kommissare, dass das Opfer ein Doppelleben führte, seine Tochter Bescheid wusste. Wer ist der wahre Mörder von Lars Lutteroth?

Während Tom Simon die verzwickten Ermittlungen vorantreibt muss er mit seinen ganz eigenen Dämonen kämpfen: Sein Zwillingsbruder Marco ist seit sechs Jahren auf der Flucht, er soll ein Drogenkartell angeführt und einen Polizisten ermordet haben. Tom ist hin- und hergerissen zwischen der Liebe zu seinem Bruder und seiner Pflicht als Polizeibeamter, insbesondere da Marco wieder auf dem Weg nach Hamburg sein soll…

„Der Aussteiger“ ist das Krimi-Debüt des Filmregisseurs Thorsten Kirves. An seinem bildlichen Schreibstil merkt man sofort den Drehbuchautor in ihm, die Spannung wird permanent hoch gehalten, die Geschichte kommt ohne unnötige Cliffhanger aus und sogar die notwendigen Ermittlungsarbeiten sind interessant und realistisch beschrieben. Das Buch lässt sich somit sehr flüssig  lesen und ist kaum aus der Hand zu legen.

Bereits das Cover schafft eine mysteriöse, spannende Atmosphäre. Die rote Farbe sticht heraus, ebenfalls sind die Hamburger Landungsbrücken deutlich zu identifizieren. Auch im Buch sind verschiedene Handlungsorte sehr bildhaft beschrieben, das Hamburger Flair kommt absolut beim Leser an.

Kirves hat sehr authentisch erscheinende Protagonisten geschaffen, jeder für sich wird mit seinem individuellen Charakter, seinen Sorgen und Nöten nachvollziehbar beschrieben. Der Leser erhält ausführliche Einblicke in deren Leben, ich konnte mich in jede Person hineinversetzen und sogar  Tom Simons Leidenschaft für das Boxen verstehen.

Der Plot ist spannend gestaltet und besticht durch verschiedene parallel verlaufende Handlungsstränge. Es gibt während des Verlaufs der Geschichte viele Wendungen und undurchschaubare Protagonisten, ich war ständig am Rätseln und änderte meinen Hauptverdächtigen permanent. Insgesamt kommt eine Vielzahl an Charakteren und deren verschiedene Handlungsperspektiven vor, man wird als Leser gefordert und muss die ganze Zeit mitdenken – mir hat das sehr gut gefallen. Das Ende war tempo- und actionreich, ich war absolut überrascht von der Lösung des Falls, mit der ich niemals gerechnet hätte – Chapeau an den Autor!

Den einzigen Punkt Abzug gibt für die ungeklärten Handlungsstränge, die – obwohl beabsichtigt – mich als Leser trotzdem etwas unbefriedigt zurückgelassen haben. Es bleiben einfach ein paar Fragen zu viel offen, die ich gerne geklärt gehabt hätte.

Fazit:

„Der Aussteiger“ ist ein spannender, undurchsichtiger Kriminalfall mit ständigen Wendungen und einem unvorhergesehenen Ende sowie facettenreichen Protagonisten. Meine absolute Leseempfehlung!