Rezension

Vielseitiges Buch

NOAMI - Eine Reise nach Jerusalem - Peter Berg

NOAMI - Eine Reise nach Jerusalem
von Peter Berg

Bewertet mit 5 Sternen

„...Erste Augenkontakte entscheiden die Sympathiefrage, kurze Blicke sind besonders gefährlich, sortieren, machen zum Jemand oder zum Niemand...“

 

Joachim ist Student der Politikwissenschaften. Er reist im Jahre 1996 nah Israel. Kurz zuvor gan es zwei Selbstmordattentate in Jerusalem. Die Reise soll Joachim in seinem Studium neue Perspektiven eröffnen.

Der Autor hat eine abwechslungsreiche Geschichte geschrieben. Das Buch lässt sich schlecht einordnen. Es hat von vielen etwas: detaillierte Reisebeschreibung, Gesellschaftsanalyse, leise Liebesgeschichte.

Der Schriftstil passt sich gekonnt den Gegebenheiten an. Schon die Anreise wird anschaulich dargestellt. Ich lerne verschiedene Mitreisende kennen. Eine wird für Joachim eine besondere Bedeutung gewinnen: Leila, Palästinenserin, Doktorandin der Biologie in Deutschland und Mitglied einer christlichen Familie.

Sie ist die erste, die Joachim mit der aktuellen Lage konfrontiert.

 

„...Was ist das für ein Frieden, der dem einen alles gibt und den anderen alles nimmt?...“

 

Am ersten Abend geht Joachim zu einer Tanzveranstaltung. Dort lernt er Noami kennen. Die junge Frau ist Jüdin und absolviert gerade ihren Wehrdienst. Ihr Vater ist Mitglied der Knesset.

In den nächsten Tagen führt Noami Joachim durch Jerusalem. In ihrer Begleitung lerne ich auch Seiten der Stadt und der Umgebung kennen, die normalerweise nicht von Touristen frequentiert werden.

Das Besondere des Buches aber sind für mich die Gespräche, die Joachim führt. Natürlich geht es auch um die deutsche Vergangenheit, die Frage nach Schuld und Verantwortung und den Umgang der Nachgeborenen damit.

Einen breiten Raum allerdings nimmt die Lage in Israel ein. Geschickt werden die verschiedenen Ansichten gegenübergestellt. Es geht nicht nur um den Terror der Hamas, sondern auch um extremistische Ansichten israelischer Bürger. Die spannendsten Aspekte kommen von Professor Nebi. Er sieht beide Seiten kritisch.

 

„...Die Ideologien in den Köpfen auf beiden Seiten brauchen das feindliche Gegenüber. Ohne funktionierendes Feindbild gibt es nirgendwo eine Entwicklung...“

 

Und er hat konkret Vorstellungen, was sich ändern muss, um ein friedliches Miteinander zu gewährleisten. Einen besonderen Wert legt er dabei auf Bildung und den Aufbau einer funktionierenden Wirtschaft. Doch noch ist das ein Traum.

Die Diskussion mit einem christlichen Priester zeigt, dass diese im Prinzip zwischen den fronten stehen. Positiv fällt mir bei all diesem Dialogen auf, dass ich als Leser Raum und Freiheit erhalte, mir eine eigene Meinung zu bilden.

Ab und an gibt es ruhige und besinnliche Momente:

 

„...Der Mond schiebt sich in den sternenklaren Nachthimmel und beleuchtet die ewige Stadt wie schon zu Zeiten König Davids, zu Zeiten Jesu, zu Zeiten der Osmanischen Herrschaft. Er wird auch diese verworrenen Zeiten hier geduldig beobachten und überdauern...“

 

Natürlich gehört zu einer Reise durch Israel auch ein Blick in die Vergangenheit. Alle drei Weltreligionen haben hier ihre Spuren hinterlassen.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Seine Vielschichtigkeit macht das Lesen zum Vergnügen.