Rezension

Vielseitiges Portrait eines Kontinents, das Fernweh weckt

Per Anhalter durch Südamerika - Morten Hübbe, Rochssare Neromand-Soma

Per Anhalter durch Südamerika
von Morten Hübbe Rochssare Neromand-Soma

Bewertet mit 3.5 Sternen

"Macht euch auf. Geht hinaus. Packt unvoreingenommene Neugier in die linke und ein bisschen Abenteuerlust in die rechte Hosentasche und geniesst die Welt."

Morten Hübbe und Rochssare Neromand-Soma reisten 2011 nach Südamerika und blieben dem Kontinent für zwei Jahre treu. Kreuz und quer erkundeten sie Land und Leute. Soweit möglich per Anhalter und auf den Couches gästefreundlicher Einheimischer. Denn sie wollen nah an den Menschen sein.
Einblicke in die Stationen ihrer Reise und ihre Erfahrungen geben Hübbe und Neromand-Soma in ihrem Buch 'Per Anhalter durch Südamerika', einer Sammlung von Episoden, die mal Städteportrait, mal (Trekking-)Tagebuch, mal (geschichtlich oder biologisch angehauchte) Lehrstunde sind. Chronologisch aneinandergereiht geben sie einen guten Überblick über die Reisestationen der zwei Jahre in Südamerika und vermitteln vielseitige Einblicke in unterschiedliche Kulturen und Lebensweisen.

Den Schreibstil des Buches möchte ich als 'journalistisch' bezeichnen. Es werden viele, viele Informationen vermittelt, oft gleicht der Text einer losen Aufzählung von Eindrücken. Hier und da fließt eine persönliche Einschätzung oder Meinung ein, die ein odere andere geschilderte Situation lässt den Leser schmunzeln. Das ist anfangs schnell zu lesen, man lässt sich von der Flut der durchweg interessanten Informationen mitreißen. Mit der Zeit ermüdet die immer gleiche Erzählform den Leser jedoch und die Trekkingberichte oder Städtevorstellungen erscheinen austauschbar. Was bleibt ist die spannende Materie, die den Leser bei Stange hält. Ich glaube, hier hätte es gut getan, mehr Geschichten erzählen zu wollen, als Stoff zu vermitteln. Obwohl die Menschen, denen sie begegnen, laut den Autoren den Wert ihrer Reise ausmachen, lernt der Leser diese Menschen kaum kennen. Über Eckdaten geht die Vorstellung der Reisebekanntschaften meist nicht hinaus. Was mir ebenfalls fehlte, waren Schilderungen auch mal problematischer Situationen. Krankheit, Verletzungen, Gefahren auf der Reise, Verstimmungen untereinander? - Fehlanzeige. So sehr ich den Autoren wünsche, dass es dazu nichts zu sagen gäbe, kann ich mir das nicht vorstellen und es hätte für mich das Bild der Reise vervollständigt, auch wenn ich nachvollziehen kann, dass negative Eindrücke der Botschaft des Buches nicht dienlich gewesen wären.

Wie das obige Zitat soll 'Per Anhalter durch Südamerika' eine Aufforderung an den Leser sein, sich auf die Reise zu machen und Neues kennenzulernen. Auf jeden Fall erweitert die Lektüre den Horizont, lässt einen die eigene Lebensweise in Frage stellen und weckt Sehnsucht. Diese Sehnsucht aber auch zu befriedigen wäre mit etwas vollständigeren Schilderungen eventuell leichter gefallen oder zumindest wäre die Realisierbarkeit besser einschätzbar gewesen. So bleibt es bei einer gelesenen Reise, die ich aber gerne (vorzugsweise im Sommer ;) ) noch einmal antreten werde. Sollten Hübbe und Neromand-Soma irgendwann tatsächlich richtige Reiseführer schreiben, werden diese sicherlich die erste Wahl für Backpacker und Individualreisende!