Rezension

Vielversprechender Ansatz, arrogante Protagonistin!

Blood and Chocolate - Annette Curtis Klause

Blood and Chocolate
von Annette Curtis Klause

Bewertet mit 3 Sternen

*Worum geht's?*
Die 16-jährige Vivan Gandillon ist eine loup garou, eine Werwölfin. Wie der Rest ihres Rudels liebt sie es bei Mondschein durch die Wälder zu streifen. Alles ändert sich schlagartig, als die Jungen des Rudels ein Mädchen töten und so die Menschen auf sich aufmerksam machen. Der Unterschlupf der Wölfe wird in Brand gesetzt und zwingt sie zu fliehen. Vivians Vater, der Anführer des Rudels, kommt dabei ums Leben. Ohne Alphatier verfällt die Gruppe ins absolute Chaos; Machtkämpfe um die Stellung beginnen und alle jungen Wolfsrüden buhlen um ihre Gunst. Davon will Vivian nichts wissen; sie wünscht sich bloß ein normales Leben mit normalen Freunden in ihrer neuen Heimat Maryland! Doch selbst die Menschen meiden sie. Um zu entspannen, malt die künstlerische Vivian von ihren geliebten Mondjagden. Eines Tages wird ihr Bild neben einem Gedicht über Werwölfe in der Schülerzeitung veröffentlicht und sie wird auf dessen Autor aufmerksam: Aiden, der das Übernatürliche liebt. Sofort werden beide ein Paar und alles ist perfekt. Doch dann entschließt Vivian, Aiden ihr wahres Ich zu offenbaren. Wird er sie akzeptieren können?

*Kaufgrund:*
Eines Tages habe ich die Werbung für die Verfilmung auf Pro7 gesehen. Da ich den Film (leider?) verpasst hatte, informierte ich mich im Internet und fand heraus, dass er auf einem bereits 1997 erschienenen Roman basiert. Das, was ich bereits über die Geschichte gelesen hatte, machte mich neugierig. Schwupps - schon war das Buch bestellt!

*Meine Meinung:*
Natürlich habe ich mir vor dem Lesen Gedanken darüber gemacht, ob Vivians Geschichte wohl anders verlaufen würde als die üblichen Bücher des Genres. Überzeugt hat mich der Klappentext zumindest nicht. Allein das schon fast typische "Kannst du mich lieben, so wie ich bin?" machte mich nicht zuversichtlich. Die wunderbaren Verzierungen im Buch haben mich so sehr angezogen, dass ich ihm eine Chance geben wollte.

Der Anfang beginnt sehr vielversprechend. Der Prolog ist spannend geschrieben und macht Lust auf mehr. Als die eigentliche Geschichte beginnt, geht es dann leider steil bergab. Am Schreibstil liegt das allerdings nicht; er ist zwar ziemlich bildhaft, sodass sich das Buch schön und flüssig lesen lässt, haut mich aber auch nicht um. Die Idee der Geschichte ist ebenfalls nicht schuld. Das Problem sind ganz klar die Charaktere.

Leider wurde der Roman in Ich-Form geschrieben; das behindert den Lesefluss extrem, denn Vivian, die Protagonistin, ist mir von anfang an unsympathisch. Ihr Wunsch nach Normalität ist gut aufgezeichnet, trotzdem erwähnt sie ständig ihre eigene Schönheit und Anmut. Sie erweckt den Eindruck, als ob sie mit dem Motto "Hach, ich hätte gerne Freunde, aber kein Wunder, dass mich keiner leiden kann: Ich bin einfach zu attraktiv!" durch ihr Leben geht. Extremes Selbstbewusstsein hin oder her; solch ein Verhalten ist einfach arrogant und macht ihren Wunsch nach einer gleichgewichtigen Kombination aus Wolfsnatur und Menschein völlig unglaubwürdig. Im Laufe der Zeit verschlimmert sich diese Situation weiter. Je mehr Vivian ihren Wunsch nach menschlichen Freunden und Liebe erfüllt bekommt, desto unangenehmer wird sie. In ihren Gedanken ist Vivian noch ertragbar, sobald sie aber mit anderen Personen in Kontakt tritt, wird sie überheblich, egoistisch und im Bezug auf Aiden sogar besitzergreifend. Nur ihr eigenes Wohlergehen scheint sie zu interessieren. Nur in ihren verzweifelten und schuldbewussten Momenten - am besten dargestellt, als sie Aiden ihr wahres Ich offenbart - wirkt ihr Charakter glaubwürdig. Damit kommen wir also zum männlichen Part, Aiden, dem rebellischen Teenager. Mir hat seine aufsässige Art nicht gefallen, trotzdem muss man ihm einen dicken Pluspunkt geben: Er ist der Erste, der wirklich menschlich reagiert. Auf Vivians Wolfsgestalt reagiert er geschockt, ängstlich, panisch. Obwohl er das Übernatürliche angeblich liebt, weiß er doch nicht damit umzugehen, als er damit konfrontiert wird. Das ist für mich ein wichtiger Aspekt. Viele andere Autoren lassen den menschlichen Teil ihrer paranormalen Beziehung meist nur kurz aufschrecken, dann überwindet die unglaubliche Liebe alles. Diese realitätsnähere Version der Geschichte habe ich sehr gemocht. Zu den anderen Charakteren gibt es nicht viel zu sagen; sie spielen allesamt keine größeren Rollen mehr (Ausnahme: Gabriel). Bis auf den jungen Wolf Willem konnte ich keinen Charakter leiden. Aidens Freunde sind wie er; okay, aber eben nicht mehr. Bei Vivians Rudel sieht das ähnlich aus. Die Wölfe sind mir auch nicht sympathisch, finde ich aber sehr schön und detailliert ausgearbeitet. Sie verhalten sich wie die Tiere, die sie sind. Dominanz, Macht, Kampf - all das beherrscht ihren Lebensstil, dementsprechend handeln sie.

Wie schon erwähnt, finde ich die Geschichte im Gesamten sehr ansprechend. Allerdings möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass die Liebesgeschichte zwischen Vivian und Aiden viel zu kurz kommt. Ob man die beiden Figuren nun mag oder nicht, es ist sehr schade, dass man nicht mitbekommt, wieso und warum die beiden sich denn nun lieben. Klar, Aiden liebt das Abnormale und Vivian stellt dies dar; aber neben dieser Paralle finde ich einfach keinen Grund, wieso es da zur großen Liebe kommen sollte. Die Phase, in der sich die Gefühle aufbauen sollten, wurde direkt übersprungen. Von einem Moment zum anderen sind die beiden ein Paar. Diese romantische Phase hätte ergänzt werden sollen.

Außerdem überzeugt mich das Ende des Buches. Das etwas andere Happy End hat mich überrascht und überzeugt. Wenn der Roman an dieser Stelle beginnen würde, hätte er mir besser gefallen.

*Cover:*
Typisches Cover für das Genre. Ich finde es nicht besonders passend, aber die strahlend grünen Augen gefallen mir! Haben etwas sehr mystisches an sich.

*Fazit:*
Es ist grundsätzlich eine klasse Geschichte mit einem super durchdachten Konzept. Das Verhalten der Werwölfe ist sehr animalisch und passend. Bedauerlichweise macht Protagonistin Vivian das ganze Buch fast unlesbar. Ihr Verhalten macht sie so unerträglich, dass man glatt die Lust dazu verliert weiterzulesen. Ich habe relativ lange gebraucht, um es durchzulesen, weil ich es - vielen Dank, arrogante Vivian - ständig weglegen musste. Dabei bietet "Blood and Chocolate" einen so vielversprechenden Ansatz! Es hätte mit einer anderen Protagonistin dank der Unterschiede zu anderen Büchern sicher zu einem meiner Lieblingsbücher werden können. Insgesamt vergebe ich für Story, Konzept und Innovationen noch knappe 3 Sterne.