Rezension

Vielversprechender Auftakt voller Spannung und Romantik

Die Legende der vier Königreiche - Ungekrönt - Amy Tintera

Die Legende der vier Königreiche - Ungekrönt
von Amy Tintera

Der Klappentext von Die Legende der vier Königreiche – Ungekrönt hat sofort mein Interesse geweckt, denn die Geschichte verspricht die perfekte Mischung aus Spannung, Fantasy und Romantik. Und spannend geht es auch schon ab der ersten Seite los, denn um Prinzessin Marys Platz einzunehmen und Cas – dem Prinzen von Lera – zu heiraten, muss Em diese töten und sich dann auf die Reise ins Schloss begeben – mitten in das Heim ihrer Feinde. 
Durch diesen Schachzug mag Em auf dem ersten Blick grausam erscheinen, doch eigentlich ist sie verzweifelt und deswegen zu allem bereit, um ihr Volk zu retten.

Em ist genau die starke und taffe Protagonistin, die ich mir in solch einer Geschichte wünsche. Sie mag zwar in den Augen der übrigen Ruined „unbegabt“ sein, doch ihre fehlenden Kräfte macht sie mit ihrem eisernen Willen und ihrer Kampfkunst allemal wett. 
Doch als die auf Cas trifft, gerät sie in einen inneren Konflikt und fängt an, ihre Entscheidungen zu hinterfragen, denn er ist so anders als sie sich den Prinzen von Lera vorgestellt hat. Anstatt starr seinem Vater zu gehorchen, ist er offen für Neues und auch den Ruined gegenüber nicht feindlich gestimmt sondern vielmehr auf Frieden aus.
Anfangs wirkte er zwar noch sehr naiv und unwissend gegenüber den Machenschaften seines Vaters, doch mit Ems Auftauchen fängt er an zu hinterfragen, ob die Vorgehensweise Leras im Hinblick auf die Ruineds richtig und gerechtfertigt ist. Dieser Wandel hat mir gefallen, denn dadurch konnte ich Cas und seine Gedanken gut nachvollziehen. 
Aus Misstrauen, Wut und auf Ems Seite schon Hass entstehen zwischen den beiden tiefe Gefühle je näher sie sich kommen. Dennoch stehen sie auf unterschiedlichen Seiten, was ihrer Romanze im weg steht. Die langsame Annäherung der beiden hat in jedem einzelnen von ihnen zu einem Wandel gefühlt und sie haben sich gegenseitig positiv beeinflusst. Beide haben angefangen, ihre Entscheidungen und Denkmuster zu hinterfragen und Dinge in einem neuen Licht zu sehen.

Auch die anderen Personen aus Ems und Cas Umfeld fand ich sehr interessant, vor allem da sie aus unterschiedlichen Königreichen kommen und so verschiedene Sicht- und Lebensweisen haben. Dies hat mir auch am Weltenaufbau so gut gefallen, da jedes Königreich seine Besonderheit hat.
Die Ruined sind dabei wohl die Interessantesten, denn sie besitzen besondere Fähigkeiten, die ganz unterschiedlich ausfallen können. Genau deswegen werden sie vom Königreich Lera auch gejagt und getötet, denn sie könnten zur Gefahr werden. Obwohl ihr Volk Em aufgrund ihrer fehlenden Kräfte nicht als Königin akzeptiert, riskiert sie bei der Scharade, die sie spielt, dennoch ihr Leben für die Ruined – allen voran für ihre Schwester Olivia. Wie die Autorin später in ihrer Danksagung nämlich erwähnt, ist dies zu großen Teilen auch eine Geschichte über Schwestern. Olivia lernt man zwar erst am Ende kennen, doch sie verspricht – vor allem in Band 2 – ein interessanter und facettenreicher Charakter zu werden, bei dem noch unsicher ist, wie sie den Lauf der Geschichte beeinflussen wird. 

In Die Legenden der vier Königreiche gibt es kein Richtig oder Falsch, keine gute oder böse Seite. Sowohl Lera als auch Ruina haben Fehler gemacht, was sich beide Protagonisten schließlich auch eingestehen und akzeptieren. Die Geschichte ist stellenweise schon brutal und gewaltsam, was aber bei einer von Rache getriebenen Protagonistin und zwei verfeindeten Königreichen nicht anders zu erwarten ist und somit auch zum Grundton der Geschichte passt. Trotz der düsteren Atmosphäre kommt aber auch der Humor nicht zu kurz. 

Der Schreibstil ist angenehm und einfach und trägt den Leser leicht durch die Geschichte. Die wechselnde Er/Sie-Perspektive von Em und Cas erlaubt es, beide Charaktere gleichermaßen kennen zu lernen.
Durch die verschiedenen Elemente und den interessanten Weltenaufbau wird Spannung aufgebaut. Dennoch schleichen sich – vor allem im zweiten Drittel kleinere Längen ein. Zwar ermöglicht der langgezogene Mittelteil das Kennenlernen der Charaktere, dennoch hat sich die Geschichte hier nach meinem Geschmack zu sehr auf die Romanze zwischen Cas und Em fokussiert. Zwar ist die Liebesgeschichte zentraler Bestandteil des Buches, trotzdem sollte sie nicht zu breitgetreten werden, denn es geht schließlich auch um den Konflikt zwischen den Königreichen. Am Ende wird es aber wieder sehr spannend und vor allem der Schluss bietet viel Spielraum für einen vielversprechenden zweiten Band.