Vielversprechender Fantasy-Auftakt in fragwürdiger Übersetzung
Bewertet mit 3.5 Sternen
Meine Meinung:
„Die Zeitwanderer“ bzw. „The skin map“ ist der erste Teil einer fünfbändigen Reihe des Fantasy-Autors Stephen R.Lawhead. Anfangs fiel es mir schwer, mich in die Geschichte einzufinden, doch spätestens als Kits zu Beginn eher mürrisch und unsympathisch erscheinende Freundin Wilhelmina im Prag des 17.Jahrhunderts landet und sich dort als Bäckerin behaupten muss, war ich gefesselt von der Geschichte.
Gut, der Science-fiction-Aspekt ist nicht besonders kompliziert und ausgefeilt, aber das war mir gerade recht. Einige Leser bemängelten in Rezensionen, dass sie die Charaktere flach und die Handlungsorte zu unübersichtlich fanden; beide Vorwürfe kann ich nicht im Mindesten teilen.
Meist mag ich Geschichten mit so vielen Perspektivwechseln auch nicht, doch Stephen Lawhead hat es geschafft, mir alle Handlungsstränge schmackhaft zu machen, ob nun im alten Ägypten oder in Prag, wo Wilhelmina das erste Kaffeehaus eröffnet und sogar das Königshaus auf sich aufmerksam macht. Die fiesen Widersacher um Lord Burleigh herum springen ebenfalls munter zwischen allen Zeiten und Orten herum und sorgen dafür, dass es nicht langweilig wird.
Den deutschen Titel finde ich etwas nichtssagend; im Original bezieht sich „The skin map“ darauf, dass sich der Entdecker der Ley-Linien, Arthur Flinders-Petrie (den wir im Buch ebenfalls kennenlernen), einst alle wichtigen Kraftorte auf seinen Körper tätowieren ließ. Nach seinem Tod diente seine Haut dann als Karte :breitgrins:, hinter der sowohl das Team um Kit und Cosimo als auch Lord Burleigh her sind.
Die Figuren fand ich alles andere als blass und langweilig. Ich hätte mir vielleicht noch ein wenig mehr Detailtiefe gewünscht und zum Beispiel gerne erfahren, wie sich Wilhelmina in einer Backstube ohne Elektrizität durchschlägt. Dies wird eher schnell und reibungslos abgehandelt, aber das ist auch mein einziger Kritikpunkt. Ich möchte unbedingt wissen, wie es mit Kit und seinen Freunden weitergeht und habe mir schon den 2.Band bestellt.
Besonders originell finde ich übrigens, dass der Autor mit seinen Hauptcharakteren Kit und Mina den umgekehrten Weg geht und nicht zwei Fremde auf die Reise schickt, aus denen am Schluss ein Liebespaar wird - Stephen R.Lawhead beginnt mit einem schlecht zueinanderpassenden Pärchen, das getrennte Wege geht. Zu verfolgen, wie unterschiedlich sich die beiden weiterentwickeln fand ich sehr spannend.
Man kann sogar spekulieren, ob die beiden nun an ihrem „neuen“ Leben in der Vergangenheit (und ihren jeweiligen Begleitern dort) Gefallen finden und dort bleiben oder ob sie – nach vielen Abenteuern versteht sich – wieder als Paar zueinanderfinden und ins London der Gegenwart zurückkehren.
Ein Tipp: Wer der englischen Sprache mächtig ist, sollte sich einen Gefallen tun und das Buch im Original lesen, was wirklich nicht kompliziert ist. Ich habe in die deutsche Leseprobe hineingeschnuppert und fand sie sehr platt und gewollt jugendlich. Grauslig!