Rezension

Vier Frauen - vier Schicksale

Wilde Freude - Sorj Chalandon

Wilde Freude
von Sorj Chalandon

Wilde Freude – Sorj Chalandon 

 Jeanne hat Brustkrebs. Ihr Mann kann damit nicht umgehen, benimmt sich ziemlich daneben und macht sich schließlich rar. In ihrer Not lernt Jeanne drei Frauen kennen – Leidensgenossinnen. Allen hat das Leben übel mitgespielt. Eine große Rolle spielten jeweils Männer der untersten Schublade - und die Gesundheit ist auch dahin. Was als Zweckgemeinschaft beginnt, wird zu einer gegenseitigen Stütze. Da wird geholfen und getröstet, wenn beispielsweise die Nebenwirkungen einer Chemo überhandnehmen.

Da bietet sich die Gelegenheit, einer von ihnen etwas Gutes zu tun - wenn auch nicht mit legalen Mitteln. Diese Frauen haben nichts mehr zu verlieren und so wagen sie alles. Endliche nehmen sie ihr Schicksal selbst in die Hände. Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen. Auch dank einer überraschenden Wendung gegen Ende.

 Letztes Jahr war ich von Chalandons Meisterwerk "Am Tag davor" restlos begeistert. Dieser Roman hier ist ganz anders und reicht meiner Meinung nach leider nicht an seinen Vorgänger heran. Auch wenn ich es sehr interessant und lesenswert fand.

 Der Autor (ein Mann!) erzählt einfühlsam von Jeannes Diagnose, von den Behandlungen und deren Nebenwirkungen, von Schuldgefühlen und Trauer. Das fand ich sehr gelungen dargestellt und ich klebte regelrecht an der Geschichte. All die Schicksale der anderen Frauen fand ich dann beinahe schon wieder etwas viel und irgendwie zu ähnlich (Männer und Krankheit).

Der Überfall, der leider bereits im Klappentext angekündigt wird, wird akribisch vorbereitet und begann mich ein wenig zu langweilen. Doch dann reißt Chalandon das Ruder noch einmal herum und lässt alles in neuem Licht erscheinen. Ich glaube, gerade diese Kehrtwende kurz vor Schluss kann der Autor besonders gut, das fiel mir beim Vorgänger bereits auf.

Der Roman ist großartig geschrieben und wirft grundsätzliche Fragen auf. Was zählt im Leben? Die Geschichte regt zum Nachdenken an und macht betroffen. 

 Insgesamt ein wunderbarer Roman, die Latte lag aber etwas hoch. Im Vergleich zum Vorgänger relativ einfach konstruiert. Zwischendurch war ich nicht besonders begeistert, das Ende hat es für mich aber noch gerettet.

4 Sterne