Rezension

Vier Kurzromane

Frühling, Sommer, Herbst und Tod - Stephen King

Frühling, Sommer, Herbst und Tod
von Stephen King

Bewertet mit 4 Sternen

Verurteilte Unschuldige, strebsame Schuljungen, Freunde für's Leben und beherzte Doktoren zeigen, wie nah das Grauen der täglichen Realität sein kann. In „Frühling, Sommer, Herbst und Tod“ sind insgesamt vier Kurzromane vom Meister des Horrors vereint. 

In dieser Sammlung sind die Kurzromane "Die Verurteilten. Pin-up", "Der Musterschüler", "Die Leiche" und "Ein Wintermärchen" erschienen, wobei zwei davon mittlerweile verfilmt worden sind.

Mir fällt es immens schwer, einige Worte zu Sammelwerken zu schreiben. Einerseits möchte ich jeder Geschichte gerecht werden, andrerseits besteht aufgrund der kurzen Handlungen relativ leicht Spoilergefahr.

"Die Verurteilten. Pin-up" führt den Leser für Jahrzehnte in ein Gefängnis, wo man Teil des gleichmäßigem Alltags wird. King geht minutiös auf das Gefängnisleben ein und man merkt, wie sehr er dieses Bestrafungssystem in Frage stellt. Gleichermaßen spielt er mit Mut, Zukunftsangst und Zufällen, die manchmal unerhört grausam oder unverhofft glücklich sind.

"Der Musterschüler" Todd ist ein abgedrehter Scheißer, der eine makabre Faszination am Geschehen im Zweiten Weltkrieg entwickelt hat. Da kommt es ihm gelegen, dass er einen alten Herren ausfindig macht, der ihm als Zeitzeuge vom Krieg in Europa berichten kann. 

"Die Leiche" ist eine Geschichte in der Tradition von "Es", die von einer Jungen-Bande erzählt, die sich auf einen gefährlichen Waldmarsch begibt um einer Leiche ins Gesicht zu sehen.

"Ein Wintermärchen" lädt in ganz klassischem Gruselrahmen zum prasselnden Feuer am Kamin, wo es in der Fasson von Twighlight darum geht, eine Schauergeschichte zu erzählen.

Mein Lieblingsroman aus dieser Sammlung ist eindeutig "Der Musterschüler" gewesen. Zum einen hatte ich nicht mit so einem durchtriebenen Mistkerl gerechnet - und damit sind Todd genauso wie der Alte gemeint - zum anderen konnte mich King mit dem Hintergrund der Geschichte, dem Rahmenthema und der Handlung laufend überraschen und schockieren, was für den Lesegenuss spricht. Schnell kristallisiert sich ein dynamischen Katz-und-Maus-Spiel heraus, dass mit seinen unvorhergesehenen Wendungen ständig zu fesseln weiß.

"Die Verurteilten" war gut zu lesen, tiefsinnig und hat zum Nachdenken angeregt, obwohl mir mittendrin etwas gefehlt hat, das ich leider nicht benennen kann.

"Die Leiche" besticht mit sommerlicher Atmosphäre, der tiefen Verbundenheit kindlicher Freundschaften und dem Abenteuer-Charakter des Vorhabens. Dazu kommen einige absolut spannende und recht gruselige Szenen, die gegen das traurige Ende der Geschichte nur mehr spärlich vorhanden sind.

"Ein Wintermärchen" hat dafür, neben dem klassischen Schauerambiente, Horror auf zwei Ebenen zu bieten. Einerseits besucht man als Leser einen mysteriösen Herrenklub, der als Rahmen der Geschichten dient und deutlichen Gruselfaktor hat. Andrerseits wird eine abscheulich-surreale Geschichte erzählt, die man sich eigentlich gar nicht vorstellen mag, weil sie doch recht blutig ist. 

Insgesamt habe ich mich von allen vier Kurzromanen angenehm unterhalten gefühlt, wobei mir gerade "Der Musterschüler" in sehr guter Erinnerung bleibt, obwohl hier nur das reale Grauen seinen Platz erhält. Gerade als Gustostückerl für Zwischendurch kann ich "Frühling, Sommer, Herbst und Tod" durchaus empfehlen, obwohl mir persönlich 'richtige' Romane lieber sind.