Virtuoses Meisterwerk
Bewertet mit 4.5 Sternen
Vielschichtig, virtuos und verblüffend gestaltet sich der neue Roman von Richard Powers „Das große Spiel“. Ich hatte vergessen, wie geschliffen seine Sätze – bzw. die seiner Übersetzerin Eva Bonné – sind. Vor 20 Jahren habe ich „Der Klang der Zeit“ gelesen und war ähnlich berauscht von der Tiefgründigkeit, dem virtuosen Stil, den bis ins Kleinste stimmigen Recherchen. Danach ist er mir leider durchs literarische Netz gerutscht, warum auch immer. Mit „Das große Spiel“ knüpft der Autor wiederum einen Roman, der den Leser nicht loslässt. Er erzählt die Geschichte von Rafi Young, einem Genie aus einfachsten Verhältnissen, dem Programmierer Todd Keane, Ina, einer polynesischen Künstlerin, die wunderbare Skulpturen aus Strandgut baut und sich nichts aus dem Festland macht, und Evelyne Beaulieu, die als ängstliche 12-jährige schlaksige Teenagerin in den 1950er-Jahren ihre Liebe zum Meer entdeckt und bis kurz vor der 100 am glücklichsten ist, wenn sie in die Tiefen des großen Seins eintauchen darf. Dabei lässt sich Richard Powers viel Zeit, entwickelt die Figuren langsam und gründlich, sodass sich der Leser im Stillen fragt, was es auf sich hat, mit diesen vier so unterschiedlichen Menschen, deren Schicksal eng mit dem des blauen Planeten verknüpft ist. Wird es gelingen, eine neue Welt zu erschaffen, um den Untergang der alten aufzuhalten oder besser im Kreislauf des ewigen Lebens neu entstehen zu lassen?
Richard Powers hat eine unvergleichliche Art, Fachwissen – in diesem Fall über Ozeane und seine Bewohner – zu vermitteln. Tiefgründig, vielschichtig und doch nie langweilig. Wer Powers Werke liest, wächst an ihnen und wird mit jeder Zeile wissender, nur um zu spüren, wie weit er noch von wahrer Weisheit entfernt ist.