Rezension

völlig andere Welt

Atemnot - Ilsa J. Bick

Atemnot
von Ilsa J. Bick

Bewertet mit 5 Sternen

Das erste was ich auf Grund der Beschreibung des Buches gedacht habe: Man ist nach dem Lesen von dieser irgendwie nicht schlauer als vorher. Dieses Gefühl hatte ich einen Großteil des Buches über. Bis weit ins Buch hinein war ich mir nicht sicher warum ich es eigentlich Lese. Der Inhalt spitzte sich nicht unbedingt in eine genaue Richtung zu, so dass man als Leser wusste, worauf die Geschichte hinausläuft. Es ist alles eher wage. Man weiß nicht so recht woran man ist. Eine Erzählung über eine völlig zerrüttete Familie dessen Teenagertochter in ein Problem nach dem nächsten rutscht oder mehr??

Das kann jeder im laufe des Buches für sich selbst feststellen. Mich konnte es allerdings sehr zufrieden stellen.

Die Stimmung des ganzen Buches ist bemerkenswert. Es entwickelt sich eine Lovestory, die sich aber gar nicht so anfühlt auf Grund der gemischten Gefühle des Lesers bezüglich der Figuren. Die typische Jugendbuchstimmung herrscht hier überhaupt nicht vor. Die Stimmung ist vielmehr durchgehend duster mit vereinzelten Lichtblicken. Die Geschichte mutet sehr schwer an und behandelt auch Themen, welche nicht so leicht zu verdauen sind. Mit wirklich guten Sachen wird man eher weniger konfrontiert, dafür erfährt man genug über die Problematik von Ritzen, Alkohol, Vergewaltigung, Machtmissbrauch, Lügen und Betrügen, innerfamiliäre Gewalterfahrungen und vielem mehr. Nichts für schwache Nerven.

Die Protagonistin befindet sich seelisch in so einem großen Loch, dass sie es dort nicht alleine herausschafft, was in seinem vorläufigen Höhepunkt schon zu einem Klinikaufenthalt geführt hat. Die seelische Zerrissenheit und Verletzlichkeit wird von der Autorin in diesem ambivalenten Charakter präzise und sehr authentisch dargestellt. Zeitweise wirkt sie zwar konstruiert, aber überwiegend kann der Charakter wirklich überzeugen, was gerade auch an der spezifischen Betrachtung ihrer Psyche liegt.

Der Schreibstil ist der Situation angepasst. Er ist jugendlich und recht schlicht gehalten. Man kann insgesamt sagen, dass er sich gut in das allgemein Gefüge einbettet.

Besonders innovativ finde ich jedoch die Aufmachung. Jenna erzählt ihre Geschichte auf ein Tonband, welches die Geschichte in mehrere Ordner untergliedert. Das wirkt sehr jung und frisch, diese Darstellungsform zu wählen.

Insgesamt handelt es sich bei diesem Buch um ein emotional wie psychisch gewaltiges Buch, welches nicht einfach zu lesen ist, da es stellenweise auf Grund der Dramatik wirklich sehr bedrückend ist. Es ist trotzdem eine interessante Grenzerfahrung in einem Buch mit derart vielen schrecklichen Thematiken konfrontiert zu werden. In einer derartigen Darstellung habe ich auch noch nie ein Buch gelesen, was mir sehr positiv auffällt. Dieses Buch ist sehr lesenswert, weil es einfach mal etwas anderes ist und eine gelungene Abwechslung zu den typischen Jugend-Fantasy-Büchern, welche den Markt überschwemmen.