Rezension

Voller Humor und Wehmut - ein Juwel!

Mittagsstunde - Dörte Hansen

Mittagsstunde
von Dörte Hansen

Bewertet mit 5 Sternen

~~Schon mit ihrem Debutroman "Altes Land" konnte mich Dörte Hansen von ihrer Schreibkunst überzeugen - umso begieriger war ich auf ihren neuen Roman "Mittagsstunde", in dem wieder das Dorfleben eine wichtige Rolle spielen wird. Und ich wurde nicht enttäuscht. Dörte Hansen kann es einfach! Mit unendlich viel Fingerspitzengefühl und Sinn für schrullige Figuren sowie ihr Innenleben macht sie ein ganzes Dorf lebendig, zeichnet seine Urigkeit und Enge, die gesellschaftlichen Zwänge, das harte Arbeitsleben und den Zusammenhalt zwischen den Bewohnern so authentisch nach, dass der Leser meint, er wüde selbst dort leben oder doch zumindest das Dorf kennen.

Ich habe mich sofort in diesem Mikrokosmos wiedergefunden. Zwar komme ich selbst nicht aus einem kleinen Dorf, aber doch aus einer ländlichen Gegend. Vieles habe ich wiedererkannt: die ausufernden Dorffeste, die trinkfesten Männer, das Herumstreifen durch die Gegend, den Schnuddellappen (DEN gibt es wahrscheinlich überall!) und und und. Freud und Leid liegen eng beieinander, und die Autorin schafft die Übergänge spielend und fließend, vermeidet jede Art von (Dorf-)Kitsch oder Gefühlsduselei.

Besonders gut gefällt mir die Sprache. Hier sitzt jedes Wort, jeder Satz, messerscharf analysiert und in Form gegossen. Die des öfteren eingestreuten Plattdeutschen Sätze und Phrasen empfand ich als Bereicherung, das Verstehen ist kein Problem.

Schade, dass diese kleinen, urigen Dörfer mit so viel Tradition aussterben; dass sich alles beschleunigt und vorwärts drängt, oftmals ohne innezuhalten. Na ja, aber vielleicht ist es so, wie Dörte Hansen sagt: Letztendlich geht es gar nicht um das bisschen Mensch ...

Für mich eins meiner Lesehighlights 2018!