Rezension

Vom Abschied nehmen

Sieben Nächte in Tokio - Cecilia Vinesse

Sieben Nächte in Tokio
von Cecilia Vinesse

„Sieben Nächte in Tokio“ ist ein einfühlsames, authentisches Buch über die erste Liebe, das Abschiednehmen und allem, was damit verbunden ist. Das Leben im pulsierenden Tokio wird so deutlich beschrieben, als wäre man dort. Gemeinsam mit Sophia und Jamie liebt, leider und hofft man bis zum Schluss. Eine wunderbare Geschichte.

 

Ich hatte das große Glück, ein Vorexemplar des Buches bei dtv  zu gewinnen. Vielen Dank an dieser Stelle an den Verlag!

Zuerst ist mir das wunderschöne Cover ins Auge gesprungen. Die Farben und die Manga-ähnliche Zeichnung passen wunderbar zu Sophia und ihrer Geschichte.
Sophia ist 17 und Scheidungskind. Durch den Beruf der Mutter und die Trennung ihrer Eltern musste sie schon zweimal ihre Heimat hinter sich lassen, um in einem anderen Land, auf einem fremden Kontinent, neu zu beginnen. Und nun steht der nächste Umzug bevor. Nichts wünscht sie sich mehr, als in Tokio bleiben zu können, gleichzeitig sehnt sie sich aber auch nach einem Leben bei ihrem Vater, der in Paris wohnt. Seitdem er eine neue Familie hat, vertröstet er sie immer wieder. Irgendwann erkennt Sophia, dass es nur leere Versprechen sind, aber keine Zukunft, die er ihr bietet. Trotzdem hängt sie an der alten Kinderuhr, die er ihr einst geschenkt hat. Mit Hilfe des integrierten Countdowns zählt sie die Stunden, Minuten und Sekunden bis zu ihrem Abschied, so wie sie es früher immer getan hat, als sie die Zeit bis zum Wiedersehen mit ihrem Vater verfolgt hat.
Sophia ist ein anständiges junges Mädchen. Seit einigen Jahren ist sie heimlich in ihren besten Freund David verliebt, der ziemlich undurchsichtig ist. Auf der einen Seite macht er ihr Hoffnungen, aber andererseits zeugen seine häufig wechselnden Freundinnen von seiner Unfähigkeit, eine feste Beziehung einzugehen. Gemeinsam mit der quirligen, unangepassten Mika geben die drei ein festes Gespann ab, das zusammen durch dick und dünn geht. Bis eines Tages etwas ans Licht kommt, dass die Freundschaft kurz vor Sophias Abschied aus Tokio auf eine harte Probe stellt …

Jamie ist das genaue Gegenteil von David. Er ist ruhig und schüchtern und obwohl Sophie sich mit aller Macht dagegen wehrt, flammen ihre alten Gefühle schnell wieder für ihn auf. Die Entwicklung der beiden von Fast-Fremden zu Wieder-Freunden hin zu einer zarten Liebe ist sehr liebevoll und authentisch dargestellt. Beim Lesen fühlte ich mich in meine eigene Teenagerzeit zurückversetzt, als ich zum ersten Mal Schmetterlinge im Bauch hatte.
Sophia und Jamie verbringen die letzten Tage gemeinsam und kommen sich dabei immer näher. Obwohl sie wissen, dass ihre Liebe unter den gegebenen Umständen eigentlich keinen Bestand haben kann, halten sie an ihr fest. Sophias innere Zerrissenheit wird so gut beschrieben, dass sich jeder in sie hineinversetzen kann. Hin- und hergerissen zwischen dem Pflichtgefühl ihrer Mutter gegenüber und ihren Gefühlen für Jamie, entwickelt sich ihre letzte Woche zur glücklichsten und gleichzeitig traurigsten Zeit ihres Lebens. Der Abschied rückt unaufhaltsam näher und mit jedem Tag und jeder Stunde, die vergeht, leidet Sophie mehr – und der Leser mit ihr.

Das bunte, pulsierende Leben in Tokio wird so gut beschrieben, dass ich mich beim Lesen fühlte, als wäre ich dort. Die Autorin hat mich mitgenommen auf eine Reise in dieses fremde, faszinierende Land und staunend dort zurückgelassen. Zusammen sind wir im kleinen Kombini an der Ecke einkaufen gegangen, haben mit Sophia in der internationalen Schule gearbeitet, waren mit Mika, David und Jamie Karaoke singen und haben in einem Schrein gebetet.
Sprachlich hat mir der Roman gut gefallen. Die detaillierten Beschreibungen und treffenden Dialoge lassen das Buch flott weglesen. Einzig für die vielen japanischen Begriffe hätte ich mir ein Glossar gewünscht. Aber es geht auch ohne, da man sich das meiste erschließen kann.

Jeder, der schon einmal Abschied nehmen musste, wird sich in Sophia und ihrer Geschichte wiedererkennen. Ihre Vorfreude, ihr Schmerz, die Verlustangst und die Furcht vor dem ungewissen Neuanfang sind stets spürbar.
Wie die Geschichte von Sophia und Jamie endet, müsst ihr selbst herausfinden.

Fazit:

„Sieben Nächte in Tokio“ ist ein einfühlsames, authentisches Buch über die erste Liebe, das Abschiednehmen und allem, was damit verbunden ist. Das Leben im pulsierenden Tokio wird so deutlich beschrieben, als wäre man dort. Gemeinsam mit Sophia und Jamie liebt, leider und hofft man bis zum Schluss. Eine wunderbare Geschichte.