Rezension

Vom Abschiednehmen und vom Leben.

Die Angehörigen - Katharine Dion

Die Angehörigen
von Katharine Dion

Bewertet mit 4 Sternen

Ein langsames und leises Buch, melancholisch, aber nicht tieftraurig.

Ein Mann verliert seine Frau nach mehr als 40 Ehejahren. Er trauert und hat ein schwieriges Verhältnis zu seiner Tochter. Dafür ein um so herzlicheres zu seiner Enkelin. Wie es ja häufig so ist. 

Katharine Dion, eine junge amerikanische Autorin, macht das gut. Sie hat ein sehr empathisches und feines Trauerbuch geschrieben, in dem der Alltag und die Banalitäten des Lebens eine große Rolle spielen. Ich mag ihren Stil. Da und dort gibt es Sätze zum Aufschreiben, zum Beispiel als Gene, der Ehemann, sich überlegt, was er zu der nach einem Jahr stattfindenden Gedenkfeier sagen wird: „Die Zeit schien ihm einen verrückten Streich zu spielen, denn das Trauern um seine Frau glich dem Gefühl, sich frisch in sie verliebt zu haben.“ 

Das Leben muss weitergehen. Aber kann es das. Und darf es das. Darf man sich neu verlieben? Und wieso entfremdet man sich seinen Kindern? Warum bleiben die nicht einfach die Menschen, die man gekannt hat. Oder hat man sie überhaupt nicht gekannt?

Fazit: Sehr feines kleines Buch mit schönen, weisen Alltagsbeobachtungen, in dem vielleicht ein winziges bisschen mehr hätte geschehen können. 

Auch die Übersetzung von Henning Ahrens ist meines Erachtens sehr gelungen.

Kategorie: Debüt. Belletristik
Verlag, Dumont, 2019