Rezension

Vom Ehrgeiz und Hass getrieben

Das Salz in der Wunde
von Jean Prévost

Bewertet mit 4 Sternen

~~Klappentext
Dieudonné Crouzon fällt aus allen Wolken. Eben noch saß er bei seinem Freund Dousset auf dem Canapé und knabbert Kekse. Dann bezichtigt ihn dieser zu Unrecht des Diebstahls, es kommt zum Eklat. Nun hat sich fast die gesamt Clique von ihm abgewandt, und er, der fleißige Student aus einfachen Verhältnissen, steht vor einem gesellschaftlichen Scherbenhaufen. Gedemütigt kehrt er dem Paris der 1920er-Jahre den Rücken und fängt in einer Kleinstadt bei null an: als Schreiberling für eine Wahlkampfzeitung. Von Revanchegelüsten getrieben, wird er vom Journalisten zum Verleger, vom Flugblattdrucker zum Werbeunternehmer und schließlich zum Abgeordneten des ländlichen Departements.

Es ist nämlich so: Die anderen werden dir nicht glauben, weil sie dich nicht mögen. Du scheinst dich immer über sie lustig zu machen, selbst wenn du ihnen beipflichtest; wenn du deine Meinung äußerst, kommt es jedes Mal zum Streit.(…) Dein Umfeld? Du hast keins. Da du dir aber selbst nicht traust, brauchst du den anderen. Du sehnst dich nach Wertschätzung durch Dritte, weil du dich selbst nicht wertschätzt. Was glaubst du, warum Aubrain ihnen besser gefällt als du? Ganz einfach: Er ist ein eitler Fatzke. Er liebt sich selbst, und wer anderen gefallen will, muss zuerst einmal sich selbst lieben.“ (Seite 22/ 23)

Eben noch ist Crouzons Welt in Ordnung. Er verbringt den Nachmittag bei einem Freund. Doch plötzlich ist nichts mehr wie es war. Sein Freund bezichtigt ihn des Diebstahls. Crouzon ist vollkommen verwirrt und versteht die Welt nicht mehr. Obwohl sein Freund später zugibt, dass es wohl ein Missverständnis war, weiß Crouzon genau, dass sein Ruf einen Schaden genommen hat. Trotz aller Versucht innerhalb der Clique das Ganze richtig zu stellen, spürt er, dass sie ihm alle nicht glauben. Ihm bleibt nichts anders übrig als Paris fluchtartig zu verlassen.

Ich gehe weg. Ich will nicht in der Schuld von Leuten stehen, die mir misstrauen. Möge euch niemand in eine solche Patsche bringen, und möget ihr den Schaden erkennen, den selbst eine kleine Dummheit im Leben eines anderen anrichten kann.“ (Seite 29)

In der Provinz Châteaurox angekommen weiß Crouzon nicht wovon er leben soll. Er nimmt eine Stelle als Schreiberling für eine Wahlkampfzeitung an. Doch nach ein paar Wochen spürt er, dass ihn dieser Beruf nicht ausfüllt. Vom Hass getrieben wagt er sich immer wieder an neue Projekte heran. Er wird Verleger, gründet seine eigene Zeitung, später wird beschäftigt er sich mit Werbung und hat irgendwann seine eigne „Werbeagentur“.

„(Ach, alles, was ich bisher geschafft habe, ist noch gar nichts, dachte Crouzon; ich hatte die Jungs vergessen, meine Wut hatte sich beinahe gelegt; ich muss es noch schaffen, dass sie mir Anerkennung zollen, und staunen, wenn ich schließlich zu ihnen zurückkomme. Ihr satten Hunde, ihr kleinen Hofschranzen einer Handvoll Mächtiger, ihr schlaft am Morgen, doch im Grunde wartet ihr auf mich, ohne es zu wissen. Ihr glaubt, ehrgeizig zu sein bedeutet, dass man im Rauchsalon Minister duzt und sich von ihnen als Nachfolger bestimmen lässt? Alles spricht dafür, aber nur Geduld. Hass ist das Einzige, was einen schlagartig geduldig macht.)“ (Seite 123)

Dieses Buch ist sehr temporeich geschrieben. Als Leserin habe ich kaum Zeit durchzuatmen, weil immer wieder etwas Neues passiert, und ich nicht aufhören kann zu lesen. Irgendwie fand ich es etwas „unheimlich“ wie sehr Crouzon von seinem Hass und Ehrgeiz getrieben wurde. Diese beiden Eigenschaften führen dazu, dass er nach Jahren an seinem Ziel ist. Er hat sich seinen gesellschaftlichen Rang zurück erobert, mehr noch … er ist angesehener in der Gesellschaft, als sein ehemals bester Freund.

Was mir auch besonders gut gefallen hat, ist der Einblick in die Zeit der 1920er-Jahre, dem Aufbau der Verlagswelt und der Werbeagenturen. Faszinierend.

Etwas gestört haben mich die vielen Fußnoten, die zwar sehr informativ sind, aber das ewige blättern nach hinten ins Buch hat den Lesefluss etwas gestört. Hier hätte ich mir gewünscht, dass die Anmerkungen zu den Fußnoten unten am Buchrand gestanden hätten.

… Geduld. Der Geduldige hat gut lachen … „ (Seite 32)