Rezension

Vom Einwandern.

Der Zopf meiner Großmutter - Alina Bronsky

Der Zopf meiner Großmutter
von Alina Bronsky

Bewertet mit 4 Sternen

Manche finden ja, dass Oma kein bisschen liebenswert sei - aber ich finde das nicht. Sie hat ein gutes Herz. Allerdings hat ihr Herz umständehalber einige Auswüchse.

Dieses kleine Büchlein, kaum mehr als zweihundert Seiten umfassend, ist eine Emigrations- und tragikomische Integrationsgeschichte. Man lacht und doch bleibt einem das Lachen im Halse stecken. Das Büchlein liest sich leicht runter, es gehört trotzdem zur anspruchsvollen Literatur.

Maxim, Mäxchen genannt, kommt mit seinen Großeltern aus Russland nach Deutschland und wohnt ziemlich lange mit ihnen in einer sogenannten „Anlage“. Viele andere Einwanderer schaffen es schnell in die Normalität. Das würde Mäxchen auch können, wenn nicht die Großmutter recht exzentrisch wäre und ihn aus Liebe in emotionaler Gefangenschaft hielte. Gitterstäbe aus Liebe.

Der Zopf meiner Großmutter ist ein mit Wärme und Eloquenz geschriebenes Buch, das mich sofort für sich eingenommen hat. Manchmal ist es bedrückend, wie Mäxchen von der Großmutter eingeengt wird. Aber er findet seine Nischen.

Meine Lieblingsgestalt war indes der Großvater, der auf der einen Seite überraschend schnell in die Lebenweise des Westens findet, aber andererseits dann doch auch in alten Gewohnheiten und Loyalitäten verhaftet bleibt. Wie könnte es auch anders sein? Erst in der zweiten und dritten Generation ist man so richtig angekommen. Wenn überhaupt.

Alina Bronsky hat sich einen Platz in der Riege der ernstzunehmenden deutschen Autorenschaft erschrieben. Sie erwärmt sich für exzentrische Personen und für Geschichten vom Scheitern.

Fazit: Ich mochte diesen Roman sehr, wie die meisten Leser. Hinten raus war es mir dann eine Katastrophe zu viel.

Kategorie: Anspruchsvolle Literatur
Verlag: KiWi 2019
 

Kommentare

Marshall Trueblood kommentierte am 01. Juli 2019 um 01:06

Hat mir auch sehr gut gefallen...