Rezension

Vom Gare de l' Est nach Istanbul

Welt in Flammen - Benjamin Monferat

Welt in Flammen
von Benjamin Monferat

Hinter dem Pseudonym Benjamin Monferat verbirgt sich Stephan M. Rother, der mit seinen beiden Thrillern „Ich bin der Herr deiner Angst“ und „Öffne deine Seele“ einem breiten Publikum bekannt wurde. Von Haus aus ist er eigentlich Historiker, und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass er sich in seinem neuesten Roman „Welt in Flammen“ einem fiktionalen, historischen Thema zuwendet.

Wir schreiben Ende Mai 1940, der Zweite Weltkrieg ist bereits in vollem Gange. Die Deutschen schicken sich an, Paris einzunehmen, die Kapitulation der Franzosen steht bevor. Einen Rest von Normalität verkörpert der luxuriöse Orient Express, der sich von dem Pariser Bahnhof Gare de l‘Est aus mit seinen Passagieren auf den Weg gen Istanbul macht.

Die Reisegesellschaft setzt sich aus Angehörigen verschiedenster Nationalität und Herkunft zusammen: da gibt es Adlige und Klerus, Verfolgte und Verfolger, und ein amerikanisches Ehepaar, das zum Vergnügen reist.

Aber der Traditionszug befördert nicht nur Personen, sondern zieht auch noch ein Nationalheiligtum der Franzosen mit sich. Es handelt sich um den historischen Waggon, in dem die Deutschen das Waffenstillstandsabkommen am Ende des Ersten Weltkriegs unterzeichneten und der seither wie ein Augapfel gehütet wird. Die „Grand Nation“ befürchtet nämlich, dass die Deutschen ausgerechnet diesen Eisenbahnwagen für die Übergabe der Kapitulationserklärung vorgesehen haben, und der Demütigung möchte man durch diese klammheimliche Aktion aus dem Wege gehen.

Jeder Passagier hat seine ganz besondere Geschichte und Motivation für die Reise, die im Laufe des Romans peu à peu enthüllt wird und das eine oder andere Mal für eine Überraschung sorgt. Beziehungen werden enthüllt, Identitäten gelüftet, und
es stellt sich heraus, dass nicht jeder das ist, was man nach dem ersten Anschein vermuten könnte.

Und über allem schwebt eine allgegenwärtige Gefahr, die von einer Welt ausgeht, die an allen Ecken und Enden brennt…

Benjamin Monferat hat mit „Welt in Flammen“ einen höchst spannenden und unterhaltsamen Roman mit historischem Gerüst geschrieben, der den Leser von Anfang an in seinen Bann zieht. Zwar arbeitet er mit einer Vielzahl von Personen, aber da er deren Beteiligung an der Handlung in kleine Häppchen verpackt und zudem jedes Kapitel mit konkreten Orts- und Zeitangaben versieht, wird es nie unübersichtlich und bleibt jederzeit korrekt zuordenbar.

Das Erzähltempo ist von Beginn an hoch und verliert auch im Laufe der Geschichte nicht an Intensität. Es gibt absolut keine Längen, im Gegenteil. Man nimmt Anteil an den Einzelschicksalen der bunt zusammengewürfelten Reisegruppe und hetzt fast schon durch die Seiten, weil man unbedingt wissen möchte, wie es weitergeht – ein Pageturner, wie er im Buche steht!

Und ganz nebenbei erhält der Leser viele interessante Informationen zur politischen Situation der damaligen Zeit und natürlich auch zur Eisenbahngeschichte, im Speziellen zum Orient Express.