Rezension

Vom Meer verlassen

Die Kinder des Borgo Vecchio - Giosuè Calaciura

Die Kinder des Borgo Vecchio
von Giosuè Calaciura

Bewertet mit 3.5 Sternen

Einen leichten Einstieg in dieses Buch zu finden, ist mir unmöglich. Der Klappentext stellt die Geschichte in seiner Kürze vor, besser könnte ich das auch nicht. Stattdessen geistert mir die ganze Zeit ein Begriff durch den Kopf: Fatalismus. Ich habe ihn nachgeschlagen, ob ich damit überhaupt auf dem richtigen Pfad bin. Im Duden heißt es: „Haltung, bei der die Ergebenheit in die als unabänderlich hingenommene Macht des Schicksals das Handeln bestimmt.“ Ich würde eigentlich widersprechen wollen, denn mit Schicksal hat das Leben dieser Kinder wenig zu tun. Aber sie nehmen ihr Leben tatsächlich als unabänderlich hin. Das gesamte Dorf weiß, dass Cristofaro eines Tages von seinem Vater zu Tode geprügelt werden und das Celeste in die Fußstapfen ihrer Mutter als Prostituierte treten wird. Während sich andere Kinder ihre Idole beim Fußball, in Hollywood oder der Popwelt suchen, himmeln Mimmo und Cristofaro Totò an. Er ist der einzige im Dorf, der einen Revolver besitzt und schneller als der Wind laufen kann. Auch sein Schicksal ist unabänderlich. Sein Vater wurde beim Überfall auf eine Apotheke erschossen, als er für den neugeborenen Sohn kopflos Windeln und Babynahrung einsackte. Der Ruf des Vaters hat sich auf den Sohn übertragen. Er ist ein flinker Läufer und wird angeheuert für Jobs, die einen schnellen Abgang erfordern. Und er besitzt die Pistole seines Vaters. Es geht das Gerücht, dass er damit auch Auftragsmorde erledigt. Mimmo und Cristofaro träumen davon, soviel Geld zu besitzen, um Totò anheuern zu können als Auftragsmörder für den prügelnden Vater von Cristofaro. Totò träumt selbst von einem ganz anderen Leben. Er ist in Carmela verliebt, der Mutter von Celeste und will sie heiraten. Doch Glück gehört nicht zum Schicksal im Borgo Vecchio. Happy Ends sind nicht vorgesehen. Das Leben ist hart, also sind auch die Menschen hart. Er ist mir wirklich unerträglich, der Fatalismus auf diesen Buchseiten. Vor allem weil er so leicht und unterhaltsam verpackt scheint. Es ist wie ein poetischer Gesang auf eine schreckliche, ärmliche Lebenswirklichkeit mit unglaublich schönen und gleichermaßen schmerzhaften Bildern.