Rezension

Vom Niemand zum Geschichtenerzähler

Der Halbbart - Charles Lewinsky

Der Halbbart
von Charles Lewinsky

Ein Dorf in der Talschaft Schwyz im Jahre 1313. Wir begleiten den kleinen Sebi auf seinem Weg des Erwachsenwerdens. Zunächst hat er noch nicht so viel von der Welt gesehen oder gewusst. Die einzigen Informationsquellen sind die Geschichten der Dorfbewohner, die sich eher von Aberglauben, Gerüchten und Gottesfurcht leiten ließen. Doch eines Tages kommt ein Freder ins Dorf, den bald alle Halbbart nennen. Sebi freundet sich mit ihm an, lernt von ihm vieles über das Gute und Böse in den Menschen und erhält weise Ratschläge, die sich ihm im Leben als nützlich erweisen. Lange hat sich Sebi als Finöggel gesehen, als einer, der weder für die Feldarbeit, noch für das Soldatenleben oder Totengraben geeignet ist. Jedoch erlebt er für sein Alter unglaublich viel, wächst über sich hinaus und findet letztendlich zu sich selbst und zu dem, was er sein Leben lang geliebt hat, dem Geschichtenerzählern. Er wird von einem Niemand zum Geschichtenerzähler.

Meinung:
Der Roman ist aus Sicht des kleinen Sebi geschrieben. Dementsprechend sehen wir die Welt durch seine Augen. Es ist unglaublich erfrischend zu lesen, mit welcher nüchternen Wahrheit Sebi die Welt sieht und sich diese erklärt. Er macht dies mit einer Mischung aus kindlicher Naivität und Klugheit. Der Leser darf vieles, Gutes und Schlechtes mit ihm miterleben und Lewinsky hat es geschafft, Sebis Entwicklung wunderbar einzufangen. Sebi wird von tollen Menschen begleitet, die man gleich ins Herz schließt und deren Charaktere liebevoll ausgestaltet sind. Sebi hat das Herz am rechten Fleck und ist mutiger, als er denkt. Man kann kann nicht anders, als ihm mitzufiebern und mitzufühlen. Der Halbbart ist unglaublich weise, lehrt Sebi das Gute und Schlechte in Menschen und erklärt ihm, was es außerhalb seines kleinen Dorfes noch alles zu entdecken gibt. Man lernt als Leser viele schöne Weisheiten, die sich auch auf unsere Welt übertragen lassen und zeitlos sind. Sebis großer Bruder Geni ist ein ruhiger, friedlicher und schlauer Mensch, der sich rührend um seinen kleinen Bruder kümmert und sich um Frieden bemüht.

Die vielen Seiten ließen sich sehr schnell lesen. Besonders toll sind die kurzen Zusammenfassungen vor jedem Kapitel, die die Vorfreude auf das nächste Kapitel steigern. Es werden auch sehr viele grausame Themen behandelt, wobei man trotzdem nicht erdrückt wird, da der Roman mit einer leichten Sprache einhergeht und man bei der Art, wie Sebi erzählt, oft schmunzeln und lachen muss.

Der Roman schafft es auch zu zeigen, wie einflussreich Worte und Geschichten sind. Gerade das Ende des Romans zeigt, wie aus Geschichten Geschichte wird, wobei hier noch einmal der Inhalt des Romans auf geschickte Weise zusammengefasst wird.

Fazit:
Das Buch bietet unglaublich viel an. Man lernt das Leben im Mittelalter kennen und kann sehr gut Parallelen zwischen dieser und unserer heutigen Welt feststellen. Der Roman greift viele verschiedene Themen auf und ist auf verschiedenen Ebenen lesbar, sodass man bei erneutem Lesen dieses Buches immer wieder neue wertvolle Dinge lernen und für sich mitnehmen kann.
Dieser Roman ist etwas Besonderes und begeistert in vielerlei Hinsicht!