Rezension

Vom Schweigen und Verschweigen

Wir hätten uns alles gesagt -

Wir hätten uns alles gesagt
von Judith Hermann

Judith Hermann gilt als eine der wichtigsten zeitgenössischen Autor:innen in Deutschland. In diesem poetischen Roman gewährt uns die Autorin Einblick in ihren Schaffensprozess.

Sie ist eines nachts mit einem Schriftstellerkollegen unterwegs, vor dem Spätkauf trifft sie auf ihren früheren Analytiker. Die Psychoanalyse liegt schon Jahre zurück, Sie hat ihm seither nicht wieder getroffen. In ihrem Erzählband ‚Lettipark‘ taucht er als Dr. Grupka auf. Sie folgt ihn in ein Lokal und es entspinnt sich eine Unterhaltung.

Judith Hermanns Sprache ist klar und präzise. In ‚Wir hätten uns alles gesagt‘ geht es um Freundschaften, Beziehungen und familiäre Bindungen. Es geht aber auch um Schweigen und Verschweigen im Schreiben, es geht um Eindrücke, Empfindungen, Gedanken, Ahnungen. Sie mischt Erfundenes mit Realem. So fragt sie sich, ist die Begegnung mit ihrem Psychoanalytiker wirklich passiert? Wie wichtig ist das überhaupt? Wieviel Biographie gibt sie Preis? Und was ist Fiktion?

Judith Hermann fängt mit ihrer poetischen Sprache ein Lebensgefühl ein. Es sind alltägliche Dinge, die sie beschreibt. Sie schreibt widersprüchlich. Es ist ein Spagat von: Was gebe ich preis und was verschweige ich. Und doch ist alles wahr.

Fazit: Eine persönliche Aufarbeitung ihrer Geschichte. Keine leichte Lektüre.