Rezension

Vom (Über)Leben auf dem Land

Unterleuten
von Juli Zeh

Bewertet mit 5 Sternen

Unterleuten ist eine Gemeinde, nur etwa ein Fahrstunde von Berlin entfernt. Auf den ersten Blick wirkt das Dorf unbedeutend und beschaulich, bei näherer Betrachtung trügt jedoch der Eindruck.
Hier sind alle versammelt, die Alteingesessenen, die Ewiggestrigen, die selbsternannten Heilsbringer, die Zugezogenen, die Weltverbesserer, Spekulanten, Intriganten.
Als in dem Dorf ein Windräderprojekt errichtet werden soll, schlagen die Emotionen hoch, Seilschaften werden gebildet, alte Feindschaften wiederbelebt, neue Freundschaften gebildet.
In diesem Dorf möchte ich niemandem den Rücken zudrehen, es wird paktiert, versprochen, gelogen, gedroht.  Bis die Situation in einem recht unerwarteten Ende eskaliert.
Mit ihrer begnadeten Beobachtungsgabe und scharfzüngigen Sprache hat Juli Zeh ein großartiges Sittenbild gezeichnet. Die Hauptprotagonisten erhalten in jedem Kapitel eine Stimme. Die Sympathie für oder Antipathie gegen die Personen dreht und wendet sich oft nach neuer Perspektive.
Ich liebte das Bild der Windräder, den quijotemäßige Kampf dagegen, die windigen Typen, das Fähnchen in den Wind hängen. Schonungslos mokiert sich die Autorin gegen das unsägliche Neusprech, erfindet einen NLP Guru, den man sogar für echt halten könnte.
Das Buch jedenfalls hat mich bestens unterhalten, es bestärkt wohl alle Misanthropen und Heile-Welt-Verweigerer, nie, niemals aufs Land ziehen zu wollen.