Rezension

Von einem, der auszog, den Tod zu überlisten

Sasja und das Reich jenseits des Meeres - Frida Nilsson

Sasja und das Reich jenseits des Meeres
von Frida Nilsson

Bewertet mit 4 Sternen

Sasja hat seiner sterbenden Mutter versprochen, sich etwas einfallen zu lassen, um für sie den Tod zu überlisten. Als der Tod dann schließlich kommt und seine Mutter mitnimmt, fährt Sasja einfach mit dem Ruderboot hinterher, um sie zurückzuholen. So gelangt er ins Reich des Todes, jenseits des Meeres, und strandet im Land der Hildianer. Von dort aus macht er sich auf den schwierigen und gefahrvollen Weg zum Haus des Todes. Mit Hilfe des Hildianers Trine, der Prinzessin der Spartaner und Höder dem Harpyr gelingt es ihm, die Länder Hilde, Sparta und Harpyrien zu durchqueren. Doch hat er wirklich eine Chance, dem Tod seine Mutter wieder abzuzrotzen?

Wer mal etwas völlig Anderes lesen will, ist mit diesem Buch gut bedient. Nur einem Kind würde ich es ... wahrscheinlich nicht schenken. Es ist wunderschön, aber gleichzeitig schwer erträglich, weil es so falsch ist, so falsch! Aber dann ... ist es doch plötzlich richtig ... dann wieder falsch ... Ich komme nicht mit dieser Welt klar, In der alle Verstorbenen ihre alte Identität allmählich vergessen und zu Hunde-, Adler- oder Schweinewesen werden. Und unsterblich sind. Aber trotzdem Kriege führen, sich streiten, verletzen. Also keinen Fortschritt gemacht haben. Ich finde das extrem gruselig. Und doch ist es toll. Und spannend. Fantastisch. Poetisch. Phantasievoll. Ungewöhnlich. Aber spätestens, wenn Härfjäders Kopf in hohem Bogen durch die Luft fliegt und blutspritzend auf dem Boden landet, zweifle ich ernsthaft, ob dieses Buch wirklich in das Genre "Kinderbuch" passt. Und es wird noch unappetitlicher werden ... Aber das Design ist vom Feinsten. Vorne und hinten im Buch gibt es eine liebevoll gezeichnete Übersichtskarte über das Reich jenseits des Meeres, und jedes Kapitel ist, graphisch vollendet, mit einer dezenten Vignette abgesetzt. Und das Buch liest sich nicht nur aus diesem Grunde wunderschön. Die Autorin taucht in bester Lindgren-Tradition tief in verspielte und doch ernste Kinderseelen ein, ja fast möchte man, etwas boshaft, von Astrid-Lindgren-Fan-Fiction sprechen, und dann sprengt es diese Schublade doch wieder völlig. Schräg ist dieses Buch, ja, das trifft es wohl. Poetisch schräg. Aber trösten, die Angst vor dem Tod nehmen - ich glaube nicht, dass es das kann.

Oh, wie schön ist es doch, dass die Kinder in diesem Reich Kinder bleiben dürfen und so unbeschwert mit ihren Holzschwertern spielen! Und wie schrecklich ist es, dass die Erwachsenen ihre Kinder so schnell wie möglich zu Erwachsenen machen wollen! Und dass, nebenbei, ständig mit richtigen Schwertern abgehackte Köpfe durch die Gegend fliegen. Ist ja alles nicht so schlimm. Schließlich sind sie alle unsterblich, und die Köpfe können jederzeit wieder angenäht werden. Sehen dann nur nicht mehr so schön aus ...

Entschuldigung, dass ich ein wenig zynisch wurde. Diese Phantasiewelt ist nicht die Meine, wenn sie auch fasziniert. Aber für die makabere Note gibt es von mir definitiv einen Punktabzug. Die gute Nachricht: Ihr braucht keinen Fitzek zu lesen, um Euch zu ekeln. Dieses bluttriefende Kinderbuch tut's auch.