Rezension

Von ersten Malen und zweiten Chancen....

Tru Blue - Melissa Foster

Tru Blue
von Melissa Foster

Bewertet mit 5 Sternen

Schaut hinter die Tattoos, und die Vergangenheit, legt die Vorurteile ab….....und schon habt ihr euren Traumprinzen, in diesem Falle Truman.

TruBlue – Im Herzen stark  von Melissa Foster

Die Verbindungen und Verschachtelungen der Wege, die uns zu Menschen in unserem Leben führen, gehen manchmal merkwürdige Umwege. Und manchmal können uns Fremde mehr bedeuten, und mehr Familie sein, als es die wahrhaftige blutsverwandte Familie ist. Was ist richtig, was falsch? Welcher Weg ist der richtige, und welcher der falsche? Das Buch bringt einen in einige Zwiespalte. Es gibt immer zwei Seiten der Medaille. Und falsche Entscheidungen können gut sein, oder schlecht, genauso wie die guten Entscheidungen nicht die erhofften Wirkungen bringen mögen, und ins Schlechte abdriften. Dies alles war hier eine Gratwanderung, und ich wusste selbst manchmal nicht mehr „Wie hättest du entschieden?“, weil es ganz grundlegende Fragen sind, die geklärt werden müssen. Familie, Loyalität, Zusammenhalt, sich für jemanden aufopfern, und sich selbst dafür aufgeben. Wen trifft die Schuld an der Misere? Und gibt es nicht immer irgendjemanden, der an irgendetwas Schuld hat, und auch in der Schuldsituation können wir eine andere Seite sehen, eine die die Schuld ausräumt, und die Unschuld beweist? Ab wann ist ein Mensch schuldig, was macht ihn schuldig, wer beschuldigt ihn, aus welchen Gründen, ist er überhaupt wirklich schuldig, und wer darf dies alles beurteilen, ob eine Schuldigkeit vorliegt? Ja, ok. Dafür sind Richter da, werden manche nun sagen. Doch Richter sind auch nur Menschen, Verurteilungen nicht immer richtig, und was ist mit Menschen, die völlig unschuldig Strafen absitzen müssen, für Verbrechen, die sie gar nicht begangen haben? Die großen Themen des Romans sind Unschuld, Schuld, eine Bürde, Familienzugehörigkeit, Loyalität, Zusammenhalt, Vertrauen, und Familie….so im Großen und Ganzen. Also aufgepasst und mitgelesen: Melissa Foster hat eine neue Reihe, und dies ist der Auftakt.

Die Geschichte die im Buch erzählt wird:

….handelt von Truman Gritt und Gemma Wright. Es ist die Liebesgeschichte der beiden. Doch so einfach ist es diesmal nicht. Denn Trumans Vergangenheit ist schwierig. Geboren von einer Mutter, die ständig im Drogenrausch war, mit einem kleinen Bruder, Quincy, den Truman beschützen wollte. Die Mutter hatte schließlich nichts für ihre Kinder übrig. Truman muss ins Gefängnis, denn es passiert etwas Schlimmes, und damit erhofft er sich, seinen kleinen Bruder zu beschützen. Als er nach 6 Jahren wieder rauskommt, will er nur ein neues Leben in völliger Ruhe. Ein Anruf von Quincy, und schon ist er wieder im Teufelskreis seiner Mutter und ihrem Drogenleben. Als er in der verwahrlosten Wohnung ankommt findet er seine tote Mutter, die nun ihrer Drogensucht erlegen ist, Quincy…… aber auch ein Kleinkind, und ein Baby. Geschwister von denen er nichts wusste, da er im Gefängnis war, die völlig vernachlässigt und verwahrlost sind, ohne Geburtsurkunde. Er nimmt sie mit in seine Wohnung, da er nun sofort die Verantwortung für die Kleinen übernehmen will, damit sie nicht so ein schreckliches Leben haben, wie er und Quincy als Kinder. Völlig ohne Wissen, wie man mit Kindern umgeht, trifft er auf Gemma, die ihm einfach spontan hilft, denn mit Kindern kennt sie sich aus. Quasi schon die Rahmenhandlung, denn nun verlieben sich die beiden nach und nach. Doch die Vergangenheit, die Drogen, Trus Mutter, die Kinder, und Quincy, der den Drogen auch verfallen ist, werfen ihre Schatten voraus. Gemma selbst stammt aus einer reichen Familie. Alles Weitere solltet ihr selbst lesen. Aber verschiedene Welten verschmelzen hier, und das, obwohl die Menschen gar nicht so verschieden sind, sondern nur die Umstände. Gemma schafft es nach und nach die Schichten der harten Schale von Truman zu entfernen, und entdeckt was darunterliegt. Und meiner Meinung nach ist das was wirklich Tolles.

Das Cover:

Wer die sonstigen Cover von Melissa Foster kennt, zumindest die deutschen, der wird immer einen Zusammenhang und eine Zugehörigkeit erkennen. Dies ist diesmal nicht der Fall. Tatsächlich glaube ich, ist das Cover diesmal aus dem Amerikanischen übernommen. Und trotzdem. Es spiegelt die Dunkelheit und Hoffnungslosigkeit wider, die der Roman an einigen Stellen verströmt. Aber auch Hoffnung und Liebe. Es ist dunkel, weil die Thematik diesmal düster ist. Und auch wenn die Cover mir grundsätzlich eigentlich immer gefallen, so finde ich dieses diesmal einfach nur richtig toll, weil es so viel Wärme und gleichzeitig Schwärze, ausstrahlt, und so viele Gegensätze, die man nicht unbedingt zueinander zuordnen würde. Und trotzdem. Wer die Geschichte liest, der wird es passend finden. Denn es ist eine Geschichte der Gegensätze. Entlassener Häftling, der ja eigentlich ein Bad Boy sein müsste, der sich liebend um seine Geschwister kümmert, und die Liebe findet. Wie das zusammenpasst? Nun im Buch kann man es nachlesen.

Fazit und Gedankenallerlei:

Und wieder einmal tauche ich ins Melissa Foster Universum ein. Doch in den dunklen düsteren Teil davon. Also macht euch bei diesem Melissa Foster Buch drauf gefasst, dass ihr nicht nur die Art von guter kitschiger Liebe mit ein bisschen Erotik trefft, sondern auch auf Nachdenkliches und Dunkelheit…. Die alle im Buch aufeinandertreffen. Dieses Buch wirkt auf alle Fälle nach. Es lässt einen nachdenken über seine eigene Kindheit, seine Eltern, über die nächste Generation, das Elternsein, über Familie, was diese bedeutet, und über Ungerechtigkeiten im Leben, über die man gerne einfach nur laut schreien würde. Es mag sein, dass mich diese Wut ab und an im Buch ergriffen hat. Ein völlig neues Gefühl in einem Melissa Foster Roman. Dies war das für mich dunkelste Buch bis jetzt…… und trotzdem hat es mir gefallen. Eine Mischung aus Dunkelheit und Licht im Leben. Wie bei Truman selbst, der lichte und dunkle Phasen hat.

Was ich bei Melissas Figuren mag, ist, dass sie nicht immer perfekt sind. Alle in ein Schema passen. Die Autorin sucht sich alle möglichen Schichten, Berufe, und damit eine Vielzahl an Charakteren mit unterschiedlichem Charakter heraus. Das Hauptaugenmerk der Geschichte liegt nicht auf der Liebesgeschichte, obwohl diese natürlich präsent ist. Wäre ja auch doof, wenn Liebe, und alles was dazugehört, nicht in einem Liebesroman vorkäme. Und trotzdem drängt sie sich nicht in den Vordergrund. Man fragt sich genauso, wie es mit Truman in seinem neuen Leben weitergeht, und wie er dies alles bewältigt. Vor allem mag ich, wie das Eis zwischen Gemma und Truman bricht. Aber es bricht nicht nur einfach. Es knackt, taut auf, und bringt Risse in die Fassade des Selbstschutzes von Truman. Den Vorgang, den anscheinend nur Gemma schafft, macht unheimliche Freude, mit anzusehen

Ständig wird das Buch vom Schicksal durchwandert. Situationen, Entscheidungen die getroffen wurden, und Dinge die passiert sind…. Die alle dazu geführt haben, dass man in genau diese Gegenwart mit den dazugehörigen Menschen getaucht ist. Wie selbstverständlich erzählt und das Buch davon, dass wir hinter die Fassade schauen sollen. Der härteste Kerl kann der netteste Mensch sein. Tätowierte sind nicht alle kriminell. Und Reichtum bedeutet nicht, dass man ein besserer Mensch ist. Symbolisch ist das schön erzählt. Ich mag die Verwebung der beiden Welten reiche Tochter und Sohn aus sozial benachteiligter Schicht. Denn auch wenn es meist nicht so scheint, so sollte die Liebe doch trotzdem ihren Weg finden. Die Liebe und Zuneigung von Tru und Gemma spürbar. Die aufgebaute gemeinsame Zukunft einfach nur toll. Überhaupt war alles sehr dicht und spürbar an Gefühlen. Und ich bin froh, wie es geendet hat. Doch tatsächlich hat DIESES Buch mich nochmal nachdenklicher zurückgelassen, als all die anderen, wo ich schon Gedankenkarussells hatte.

Gemmas Mutter ist nur auf den Glanz und die Fassade aus. Die perfekte Oberfläche, das perfekte Bild in der Öffentlichkeit. Nichts ist wichtiger. Trumans Mutter war ihre Drogensucht am wichtigsten, und man könnte fast denken, dass sie so gar keine Empathie für auch nur eines ihrer Kinder hatte. Kein Kind kann etwas für seine Eltern. Schön, dass hier im Buch die Thematik ist, dass Kinder eigenständige Menschen sind, die nicht dieselben Fehler machen müssen, wie ihre Eltern.

Eine Familie muss Sicherheit und Geborgenheit geben, muss einen auffangen, wenn man droht abzurutschen. Muss einem Liebe entgegenbringen, wenn man von jedem verlassen wird, und muss zu einem stehen. IMMER. Und diese Liebe und Geborgenheit fühlt man in jedem Satz des Buches. Die Sicherheit strömt durch die Zeilen, und man fühlt sich nicht alleingelassen. So alleingelassen, wie Truman und seine Geschwister von seiner Mutter, die wohl für ihre Kinder nie etwas übrighatte. Gemma hat eine ganz andere Art von Kindheit gehabt. Beschützend, aber nicht richtig beschützend. Die Art von Schutz, die reiche Leute denken sich erkaufen zu können. Wenngleich es für die Kinder wichtiger wäre, Zeit mit ihren Eltern zu verbringen. Und so haben wir Truman und Gemma, aus total unterschiedlichen Welten. Der Junge, mit der drogensüchtigen Mutter, und die reiche Tochter, und trotzdem verbindet die beiden etwas Entscheidendes. Die entzogene Liebe ihrer Eltern, oder eben Elternteile. Die sie beide nun weitergeben möchten, weil sie es selber nie erfahren haben. Ist es nicht genauso schlimm eine Mutter zu haben die sich gar nicht um einen kümmert, und, ignoriert dass man da ist, oder eine, die einem Freiheiten nimmt, einen sich nicht entfalten lässt, und möchte, dass man nach ihren Regeln tanzt?

In diesem Buch gibt es sowohl Dunkelheit und Verzweiflung, als auch Licht und Hoffnung. Oder mit meinen Worten: Das Buch schlägt gefühlsmäßig total ein, haut rein und bringt uns Zeit zum Gedankenkreisen :). Und ich gebe zu, bei diesem Buch, die ein oder andere Träne mehr verdrückt zu haben, als es sonst der Fall sein mag. Das macht die Geschichte zu einer Berg – und Talfahrt der Gefühle. Es geht auf und ab. Das Buch besteht aus vielen ersten Malen, und zweiten Chancen, wobei es dabei nicht unbedingt um das geht, was ihr euch nun sicherlich vorstellt. Vielmehr geht es um erste Male Vertrauen, aufeinander verlassen können, erstes Mal Freiheit, sich geborgen fühlen, und jemanden im Leben zu haben, dem man all dies verdankt. Und das ganz in Melissa Foster Manier. Die Sprache mutet fast schon poetisch an, in Symbiose mit der Art von Kitsch, den ich manchmal eben brauche. Ebenso gefällt mir mal wieder der Schlagabtausch der Figuren untereinander, wie Gemma mit Crystal, ihrer besten Freundin, umgeht, und Truman mit Bear, seinem besten Freund. Das fühlt sich gut an, und lässt einen mit einem Grinsen vorm Buch sitzen. Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Truman und Gemma erzählt, was uns beide näherbringt, und uns in die Gedankenwelt von beiden Seiten blicken lässt, was einen gerade bei den tiefgehenden und dunklen Gedankengängen Trumans am Anfang sehr nahegeht.

Gleichzeitig muss man auch hier im Roman wieder überlegen, was es eigentlich bedeutet, eine Familie zu sein, Zugehörigkeit zu empfinden, und zu vertrauen. Denn Truman, kommt aus einer zerrütteten Familie, die nicht so intakt ist, wie wir es von Melissa sonst gewohnt sind. Natürlich findet er trotzdem Unterstützung, bei den Whiskeys. Sozusagen als Ersatzfamilie. Und trotzdem sind da ja auch noch seine Geschwister. Kann man also wieder Vertrauen zueinander aufbauen, wenn man schon zerrüttet scheint? Kann man sich gegenseitig vergeben, und wieder eine Familie werden? Oder nennt man die Menschen seine Familie, die für einen da sind, wenn die richtige Familie einen fallen lässt? Truman hat eine harte Schale mit weichem Kern…….. doch muss die Schale erst geknackt werden, um zu sehen, was in Trumans Kern versteckt ist. Den zeigt er nämlich nicht jedem. Aber das ist in Arbeit. Gemma und die Geschwister sind dran, den Kern sichtbar zu machen und vorher zu knacken, was ihnen ganz gut gelingt. Denn Truman hat einen übergroßen Beschützerinstinkt, der sich nicht nur auf die Familie verteilt, sondern auf alle die er liebt. Was ist also Familienzugehörigkeit?

Wir haben Vorurteile, die als erstes entstehen, wenn wir jemanden ansehen und mustern. Schubladen, in die wir stecken, und gesteckt werden. Familienbande, aber natürlich auch die gegenseitige Verantwortung füreinander innerhalb einer Familie. Natürlich lässt die Geschichte einen nachdenklich zurück, schon allein, da bei Familienthemen unweigerlich die Gedanken zu seiner eigenen Familie schweifen. Und dann geht es natürlich auch um zweite Chancen im Leben. Ob diese uns gegeben werden. Ob wir sie zulassen.  Und natürlich wie andere Leute uns im Leben sehen, und gleich vorverurteilen, obwohl sie nichts über uns wissen, und uns nicht kennen. Gemma selber ist die Tochter einer reichen Familie, die nicht reich sein will, Truman ein Ex-Verbrecher, der eigentlich ein Garkein-Verbrecher ist. Wer hinter die Fassade schaut, wird erkennen, dass sich auch hinter einer düsteren Maske aus Eigenschutz etwas Wundervolles verbergen kann. In diesem Fall Truman Gritt.

Doch keine Angst. Auch wenn das Buch tiefgehend ist, und dunkel, so ist es natürlich immer noch ein Melissa Foster Buch, welches natürlich auch unwahrscheinlich viele helle und lichte Momente der Hoffnung verströmt. Und ja. wenn nicht ein wenig Kitsch dabei wäre, den ich eben ab und an mal brauche, dann wäre es kein Melissa Foster Buch. Meist hebe ich mir die Bücher der Autorin für Situationen auf, an denen es real ein wenig schwieriger läuft, und in denen ich wenigstens im Buch gerne ein wenig Hoffnung erhaschen kann. So geschehen in dieser Woche.

TruBlue ist ein Roman von Melissa Foster, der ungemein tiefgeht. Nun kann man nicht sagen, dass die anderen Romane von ihr genau dies nicht tun. Denn jede Geschichte hat ihren eigenen Charakter, und entwickelt eine Seele. Doch die Seele und das Leben dieses Romans sind ungemein Dunkel. Wer Melissas Bücher kennt, der weiß, dass sie meist übersprühen vor sonnigen Gemütern, und Menschen, die für einen da sind. Natürlich gab es auch schon die ein oder andere Geschichte über Krankheiten, oder Ähnliches, mit denen man sich auseinandersetzen musste, und die einen sehr nachdenklich zurückgelassen haben. Doch, soweit mir bekannt ist, ist das Milieu der Kriminalität noch nie in diesem Maße angesprochen worden. Überhaupt. Verurteilen wir Menschen nicht immer viel zu schnell? Jemand der im Gefängnis war, der ist immer gleich der Abschaum der Gesellschaft, ein Krimineller? Die Stigmatisierung ist da. Doch wir wissen ja nicht, was für eine Geschichte dahintersteckt. Umso schöne finde ich es, dass hier genau die Geschichte eines solchen Menschen erzählt wird. Einem unschuldigen Schuldigen, oder schuldigen Unschuldigen….. wie man es auch sehen will.

Und auch hierzu gibt es ein Rezensionslied, welches ich passend fand, weil es mich beim Lesen begleitet hat:

„Oh Lord, Oh Lord, he's somewhere between…..a hangman's knot, and three mouths to feed.
There wasn't a wrong or a right he could choose….he did what he had to do.

Give me the burden, give me the blame….I'll shoulder the load, and I'll swallow the shame.

Don't care if he's guilty, don't care if he's not. He's good and he's bad and he's all that I've got.

Oh Lord, Oh Lord, I'm begging you please…..Don't take that sinner from me.“