Rezension

Von Flügelfarben und Herzschmerz

Tylwyth Teg - Sandra Busch

Tylwyth Teg
von Sandra Busch

Bewertet mit 3 Sternen

Ein seltsames Volk, diese Elfen. Verzeihung, diese Tylwyth Teg, meine ich. Sie leben ein bisschen wie Bienenvölker, obwohl sie es Schwarm nennen. Es gibt klare Aufgabenverteilungen: Die einen sammeln Essen, die anderen beschützen die Sammler und wiederum andere sind nur dazu da zu brüten. Diese Breeder sind auch hochnotwendig, wie mir scheint, sonst wäre das Volk der Tylwyth Teg ausgestorben. Die interessieren sich nämlich alle nur für dasselbe Geschlecht. Das mag ja nicht verkehrt sein, rein überlebenstechnisch ist es jedoch eher ungünstig. Was, wenn die Breeder mal aussterben? Na gut, ich schweife ab, denn das ist nicht das Thema des Buches (auch wenn es mich maßlos interessieren würde!).

Hier geht es um Loy, den Guardian, der beim Angriff einer Drachenechse schwer verletzt worden ist, und dessen vernarbtes Aussehen das Ästhetikempfinden der anderen Elfen beleidigt - bis auf Findil, der Einzige, der scheinbar genügend Verstand besitzt zu erkennen, dass der Mann ein Held ist, der vielen von ihnen das Leben gerettet hat. Loy wird ausgegrenzt, mit gehässigen Worten bedacht, ja, es wird sogar gefordert, den tapferen Guardian mehr oder weniger von der Gemeinschaft zu entfernen. Da kommt es gerade recht, dass eine unbekannte Bedrohung auftaucht, die mit einem magischen Nebel die Flügelfarben der Tylwyth Teg stiehlt. Das kann nur mit Loy zusammenhängen, der seit dem Angriff rabenschwarze Flügel hat und bestimmt neidisch auf die Schönheit seiner Mitelfen ist! Kurz und gut - Loy wird verbannt.
Findil, der für Loy schon lange mehr als Bewunderung empfindet, folgt dem knurrigen Guardian und gemeinsam machen sie sich auf herauszufinden, wer tatsächlich hinter den Diebstählen steckt. Dabei müssen sie sich von ihrem magischen Mutterbaum entfernen und stehen den Bedrohungen des Waldes und der Außenwelt völlig allein gegenüber. Nun ja, nicht völlig. Anfangs werden sie von zwei dicken, plappernden Marienkäfern begleitet, später gesellen sich ihnen noch andere Gefährten hinzu. Als sie erkennen, wer der Dieb ist, wissen sie, dass die Gefahr für ihren Schwarm tödlich ist ...

Eigentlich ist die Geschichte schön. Zumindest schön märchenhaft (ja, auch in meinem fortgeschrittenen Alter mag ich Märchen). Da sind diese Elfen, sprechenden Tiere, Kampf von Gut und Böse, es werden interessante Themen wie Homosexualität und Mobbing angesprochen. Trotzdem konnte es mich im Endeffekt nicht gänzlich erreichen und das liegt am Zwiespalt der Geschichte an sich, die sich nicht zwischen Märchen und Erwachsenenroman entscheiden konnte. Nun gibt es natürlich auch Erwachsenenmärchen, aber diese sind dann nicht in so ganz kindhaftem Gewand gehalten. Einerseits die kichernden Marienkäfer, der hilfreiche, weise, gutmütige Hirsch, der Kater, der sich vom Saulus zum Paulus im Zeitraum eines Blinzelns entwickelt, das sind ganz klar kindhafte Märchenelemente. Andererseits die teilweise explizit beschriebenen sexuellen Eskapaden, die Mordlust des Diebes, der Zombierabe, das sind sehr erwachsene Szenen.

Natürlich wusste ich, dass ich mich auf einen Roman mit homoerotischen Beziehungen einließ, und das stört mich grundsätzlich nicht. Wer wen im real life und in Geschichten liebt ist mir egal, solange das auf Augenhöhe und gegenseitigen Respekt beruht. Was mich jedoch störte, war die Tatsache, dass fast ALLE homosexuell waren. Das ist einfach unlogisch, und Unlogik stört mich selbst in Märchen, wo man fast alles mit Magie erklären kann. Dazu die kitschigen Vorurteile, die über Homosexuelle kursieren: Einer der beiden ist der starke, männliche Part, der andere darf zierlich und emotional sein, da werden Tränchen verdrückt und sich gegenseitig mit "Süßer" angesprochen. Das erinnert mich an Fanfiktion pubertierender Mädels, in denen einfach zwei männliche Protagonisten bekannter Bücher miteinander verkuppelt werden, weil die "einfach so süß miteinander sind".

Fazit: Nette, kleine Geschichte, die sich nicht ganz zwischen erwachsenen und kindlichen El(f)ementen entscheiden konnte.