Rezension

Von Freundschaft und Integrität...

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat - Gavin Extence

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat
von Gavin Extence

Bewertet mit 4.5 Sternen

Eine Geschichte, die erzählt, wie besonders Freundschaft sein kann Alex Woods ist zehn Jahre alt, und er weiß, dass er nicht den konventionellsten Start ins Leben hatte. Er weiß auch, dass man sich mit einer hellseherisch begabten Mutter bei den Mitschülern nicht beliebt macht. Und Alex weiß, dass die unwahrscheinlichsten Ereignisse eintreten können er trägt Narben, die das beweisen. Was Alex noch nicht weiß, ist, dass er in dem übellaunigen und zurückgezogen lebenden Mr. Peterson einen ungleichen Freund finden wird. Einen Freund, der ihm sagt, dass man nur ein einziges Leben hat und dass man immer die bestmöglichen Entscheidungen treffen sollte. Darum ist Alex, als er sieben Jahre später mit 113 Gramm Marihuana und einer Urne voller Asche an der Grenze in Dover gestoppt wird, einigermaßen sicher, dass er das Richtige getan hat ...

"Manchmal scheinen sich der Zufall und die Umstände zu einer himmelschreienden Ungerechtigkeit zusammenzurotten. Und wir müssen uns damit abfinden. Mehr können wir nicht tun." (S. 301)

Alex Woods ist 10 Jahre alt, als sein Leben aus der Bahn geworfen wird: ein Meteorit durchschlägt das Dach des Hauses und trifft ihn am Kopf. Wider Erwarten erwacht er nach einigen Wochen aus dem Koma und erfasst seine Lage: er wird eine Narbe zurückbehalten und leidet fortan unter Epilepsie, aber - er lebt!
Durch die Umstände bedingt, erwägt er, später entweder Astrophysiker zu werden oder aber Neurologe. Beides fasziniert ihn. Doch so gut er auch mit den Erwachsenen auskommt, zu Gleichaltrigen hat Alex keinen guten Kontakt. Er erkennt, er ist ein Paria, ein Außenseiter, ein Prügelknabe - gestraft mit einer wahrsagenden Mutter, dem großen Drang zu lernen, einer dicken Narbe am Kopf, wo kein Haar mehr nachwachsen will und jederzeit der Möglichkeit, einen epileptischen Anfall zu erleiden.

"Angst verzerrt die Welt. Angst lässt uns Dämonen sehen, wo es nur Schatten gibt." (S. 126)

Als Alex wieder einmal vor ein paar Klassenkameraden zu fliehen versucht, versteckt er sich in einem kleinen Gartenhaus. So lernt er Mr. Peterson kennen, einen eigenbrötlerischen alten Mann, der zurückgezogen in seinem kleinen Haus am Rande der Stadt lebt. Nach der ersten wütenden Begegnung freunden die beiden so ungleichen Menschen sich allmählich an, und neue Denkanstöße und Themen bereichern fortan Alex Leben.
Doch auch Freundschaften stehen unter dem Motto "in guten wie in schlechten Zeiten", und so wird auch diese mehr als einmal gehörig auf die Probe gestellt. Alex muss herausfinden, was er wirklich will, welche Überzeugungen er hat und ob er es schaffen kann, gegen alle Widerstände integer zu bleiben.

"In der langen Geschichte der Menschheit hat gesunder Menschenverstand nicht gerade die größte Erfolgsbilanz vorzuweisen." (S. 471)

Das Buch beginnt mit einem für den Leser vollkommen unverständlichen Kapitel - und präsentiert das Ende der Geschichte. Doch Alex Woods nimmt sich die Zeit, alles zu erklären, so ausführlich wie nötig, damit man die Zusammenhänge begreifen kann. Aus seiner Perspektive erfährt der Leser nach und nach die Geschehnisse und wird konfrontiert mit verschiedensten Themen: Kartenlegen, Epilepsie, Astrophysik, Neurologie, den Büchern von Kurt Vonnegut (z.B. "Schlachthof 5), Krankheit, Leben und Tod, Freundschaft und Integrität und vieles mehr.
Der Schreibstil ist einfach und doch besonders. Ich musste mich erst ein wenig daran gewöhnen, doch war ich gleichzeitig fasziniert, wie es Gavin Extence gelungen ist, komplizierte Sachverhalte wie Meteoriten oder Epilepsie kurz und prägnant und dabei absolut verständlich darzulegen - sozusagen "nebenher".  Dabei durchzieht das Buch ein sarkastischer Humor, der mir gut gefallen hat, und mich immer wieder zum Lachen brachte. Das Lachen war jedoch nahe bei der Berührung, und schon einige Zeilen nach einem Heiterkeitsausbruch konnte es sein, dass unvermutet Tränen flossen. Diese Mischung ist in meinen Augen sehr gelungen.

"...unser Gehirn erschafft für jeden individuellen Menschen ein eigenes, einzigartiges Universum. Darin existiert alles, was wir wissen. Alles, was wir sehen oder berühren. Alles, was wir fühlen und woran wir uns erinnern. In gewisser Weise erschaffen unsere Gehirne die Realität." (S. 76)

Auch wenn ich hier nicht die höchste Punktzahl vergebe, weil die Geschichte für mich im Mittelteil ein wenig abflachte, hat mich das Buch sehr beeindruckt. Eine Geschichte, die nachdenklich stimmt, mit Personen, die alles andere als Helden sind, aber die die wahren Werte im Leben erkennen - und versuchen, ihnen treu zu bleiben.
Aus sehr persönlichen Gründen hat mich das Buch an einer Stelle geradezu umgehauen, hat es mich doch sehr an Geschehnisse erinnert, die mir im vergangenen Jahr widerfahren sind. Eine Erläuterung würde hier zu weit führen, doch fühle ich mich mit dem Buch dadurch sehr verbunden...

Ein beeindruckendes Buch von Freundschaft und Integrität, das ich wirklich empfehlen kann.

© Parden

Kommentare

Janine2610 kommentierte am 13. April 2014 um 22:06

Eine sehr schöne Rezension. ;-) Auch ich fand dieses Buch besonders, und ich weiß, dass es mir noch sehr lange in Erinnerung bleiben wird.

parden kommentierte am 10. Mai 2014 um 08:26

Ja, ein Buch, das man nicht so schnell vergessen wird...