Rezension

Von kreolischen Einflüssen und einem Mafia-Clan ...

Höllenjazz in New Orleans
von Ray Celestin

Bewertet mit 5 Sternen

In New Orleans soll im Jahr 1919 ein Axtmörder sein Unwesen treiben. Er hat nicht nur mehrere italienische Lebensmittelhändler getötet, sondern sich sogar dreist mit einer Forderung direkt an die Öffentlichkeit gewendet. Am Tatort wurden jeweils Tarotkarten gefunden; offenbar soll der Eindruck erweckt werden, dass die Taten von einem Kreolen begangen wurden. Außer Michael Talbot, dem Ermittler der Kriminalpolizei, sind weitere Personen mit dem Fall beschäftigt: Riley als Journalist der Times Picayune, die junge Ida Davis, die eine Karriere in Pinkertons Detektiv Agentur anstrebt, und natürlich der Bürgermeister einer Stadt, die in hysterische Panik vor dem Typen mit der Axt verfallen ist.

Vor 100 Jahren war New Orleans Schauplatz rasanter Veränderungen. Weil die Kampfkraft der Marine allmählich durch Syphilis unterminiert wurde, hatte vor kurzem das Kriegsministerium das Rotlichtviertel der Stadt am Mississippi komplett schließen lassen. Der wirtschaftliche Niedergang des Vergnügungsgewerbes sorgt nun gemeinsam mit der Axtmörder-Panik für einen Machtverlust des Mafia-Clans der Familie Matranga. Wenn die Matranga-Familie die Geschäftsleute der Stadt nicht mehr schützen kann, warum sollte ihnen dann weiter Schutzgeld gezahlt werden? Während man zahlreiche Kriegsheimkehrer für die Zunahme von Straftaten verantwortlich macht, werden die gewohnten Bestechungsgelder an die Polizei demnächst versiegen, wenn die Geldquellen der Matrangas nun austrocknen. Der Matranga-Clan will den Täter noch vor der Polizei finden und stellt eigene Ermittlungen an. Währenddessen geht in der Stadt eine Hurrikan-Warnung ein …

Weitere Nebenfiguren tauchen auf; weitere Verbrechensopfer sind zu beklagen. So ist Ida Davis mit dem realen Musiker Louis Armstrong (*1901) befreundet, der als Kind Musikschüler ihres Vaters war. Michael Talbots ehemaliger Gönner bei der Polizei wird wegen guter Führung aus der Haft entlassen, zu der er wegen Bestechlichkeit verurteilt war. Auch Michael selbst ist aufgrund seines Lebenswandels erpressbar.

Die geschilderten Axtmorde hat es in New Orleans wirklich gegeben. Ray Celestin zeichnet ein farbenfrohes Bild der Stadt New Orleans mit ihrer Vielfalt aus diversen Kulturen der Einwanderer. Die Stadt am Bajou war die erste in den USA, in der sich ein Mafia-Clan niederließ. Das mafiöse Geflecht gegenseitiger Verpflichtungen und konspirativer Informationsbeschaffung hat mich als Leser einerseits gefesselt, die Auflösung der höchst komplizierten Fälle jedoch reichlich verzögert. Verzögerungen wiederum kosteten weitere Personen das Leben … Viel Spaß haben mir die sorgfältig recherchierten Details bereitet, von den Lebensbedingungen der verschiedenen Rassen, über die Einführung von Dienst-PKWs anstelle der Pferdefuhrwerke für die Polizei, bis zu der Frage, warum in der geschilderten Zeit die ersten Pappbecher eingeführt wurden.

Wer gern intensiv in die Geschichte einer Region eintaucht, sollte hier zugreifen. Der zweite Band ist auf Englisch bereits erschienen.