Rezension

Von Menschen und Wölfen

Unter der Erde - Stephan Ludwig

Unter der Erde
von Stephan Ludwig

Achtung Spoileralarm! Der Titel dieses Thrillers ist richtungsweisend für die Story und da in der Lausitz kein Bergbau betrieben, sondern im großen Stil Kohle abgebaut wird, bekommt das Untertage schnell eine ganz andere Bedeutung. Um die Geschichte erzählen zu können, braucht Stephan Ludwig ein Alter Ego. Ein Vierzigjähriger Schriftsteller, der vor allem Taschenbuchgeschichten über Zombies und Vampire schreibt, wird aus heiterem Himmel von seinem Großvater zum 90. Geburtstag eingeladen. Den hat er zuletzt vor 35 Jahre gesehen und bislang keinerlei Kontakt zu ihm gehabt. Elias ist neugierig und fährt raus in die Provinz, kurz vor dem abgelegenen Dorf hat er mit seinem Auto einen Unfall und hängt plötzlich in Volkow fest, während in der Ferne bereits die großen Tagebaubagger zu sehen sind. Und ab diesem Moment beginnt die Handlung skurril zu werden.

Stephan Ludwig hat neun Bücher über Claudius Zorn geschrieben. Der sitzt ja in der Regel miesepetrig und unlustig in Halle auf dem Kommissariat herum und bekommt ohne seinen Sidekick Schröder keinen Fall gelöst. Ich verstehe, dass Ludwig auch mal was anderes sehen wollte, als Halle. Dass er sich nun aber ausgerechnet ein Mininest in der Lausitz aussucht und sich eine so hanebüchene Story zusammenbastelt, ist nur mit Humor zu ertragen. Seine Figur Elias Haack ist ohne Witz und Esprit. Er soll vierzig Jahre alt sein und wirkt locker 10 Jahre älter. Er scheint sich seiner eigenen Unzulänglichkeiten bewusst zu sein, geht aber nicht gegen sie an, sondern bemitleidet sich. Durchsetzungsvermögen oder Entscheidungskraft gehen ihm gänzlich ab. Deswegen sitzt er auch in Volkow fest und wird in ein absurdes Spiel hineingezogen, in dem irgendwie das gesamte Dorf verwickelt zu sein scheint.

Ludwig ist ein guter Erzähler. Das Buch ist unterhaltsam, baut selbst in seiner durchschaubaren Handlung Spannung auf. Dass die Glaubwürdigkeit flöten geht, kann der Autor dann vielleicht auch verschmerzen. Viel Tiefe kann er in seine Figurengestaltung nicht legen, da keiner der ist, der er scheint – zumindest aus Elias Perspektive. Auch über die Erzählweise der Handlung hat er sich Gedanken gemacht und weicht die herkömmliche Weise eines Erzählers, der eigentlich nur Elias Wissensstand hat, ein wenig auf. Dennoch sind hier auf diesen knapp 400 Seiten für meinen Geschmack zu viele Klischees, Zaunpfeiler, Konstruktionen und Ungereimtheiten versammelt. Um mehr Abstand zu Zorn und Schröder zu bekommen, schlage ich Stephan Ludwig vor, einfach mal eine gänzlich anderes Genre auszuprobieren. Vielleicht etwas mit Zombies oder Werwölfen.