Rezension

Von vorne bis hinten einfach gar nichts für mich

Extraterrestrial - Die Ankunft: Ein Science Fiction Klassiker von Larry Niven & Jerry Pournelle - Jerry Pournelle, Larry Niven

Extraterrestrial - Die Ankunft: Ein Science Fiction Klassiker von Larry Niven & Jerry Pournelle
von Jerry Pournelle Larry Niven

Bewertet mit 1.5 Sternen

Bei Extraterrestrial - Die Ankunft handelt es sich um die Neuübersetzung des Science Fiction Klassikers The Mothe in Gods Eye von Larry Niven und Jerry Pournelle, der bereits 1974 erschien. Der Mantikore Verlag hat dem Roman einen modernen Titel und ein neues Gewand gegeben, allerdings kann beides nicht über den recht angestaubten Inhalt hinwegtäuschen. Sicher war mir von Anfang an klar, dass ein in den 70er Jahren geschriebener Science Fiction Roman sich signifikant von modernen Werken des Genres unterscheidet (erlebt habe ich das ja zum Beispiel auch bei Das Erbe der Sterne von James P. Hogan, das mir sehr gut gefallen hat). Aber: Bei Extraterrestrial lassen bereits die veralteten und oftmals militärisch geprägten Begriffe (etwa "Fähnrich"), der enorme religiöse Hintergrund und die monarchische Herrscherstruktur vermuten, dass hier eine Generalüberholung dringend nötig gewesen wäre, damit der Roman im 21. Jahrhundert überhaupt ernst genommen werden kann.

Über den teilweise sehr sperrigen (wenn auch überwiegend flüssigen) Schreibstil sowie die unglaubwürdige Gesellschaftsstruktur (dazu weiter unten mehr) bin ich ebenso gestolpert wie über die Unmengen an Rechtschreib-, Grammatik- und Logikfehler, die sich wie ein roter Faden durch den Roman ziehen. Traurigerweise der einzige rote Faden, den ich entdecken konnte. Ungelogen und ohne zu übertreiben: Auf jeder (!) einzelnen Seite fanden sich gleich mehrere wirklich böse Fehler, darunter so lapidare wie "dass/das", Fehler bezüglich der Groß- und Kleinschreibung und falsche Konjugationen. Teilweise musste ich einen Satz mehrmals lesen, um ihn inhaltlich überhaupt zu verstehen. So etwas ist mir bisher noch nie untergekommen und es darf in einem lektorierten Buch einfach nicht passieren, auch dann nicht, wenn dieses Buch in einem verhältnismäßig kleinen Verlag erschienen ist.

Nun zum Inhaltlichen: Der Klappentext lässt Großes vermuten und wenn man die ersten paar hundert Seiten mit unzähligen Charakteren und Diplomatie im Weltraum hinter sich gebracht hat, wird es auch tatsächlich erst einmal ziemlich spannend. Positiv überrascht war ich von der Darstellung der Außerirdischen, die rein gar nichts mit den fiesen grünen Männchen gemein haben, die man aus so vielen Büchern und Filmen kennt. Die Autoren haben sich bei der Beschreibung der Aliens wirklich große Mühe gegeben, sie mit außergewöhnlichen physiognomischen Eigenheiten, einer faszinierenden Kultur und einer in Bezug auf manche Dinge recht fortschrittlichen Gesellschaft ausgestattet. Ich fand es bemerkenswert, dass die Aliens in Bezug auf so einiges wesentlich weiterentwickelter waren als die Menschen in Nivens und Pournelles Roman.

Und damit wäre ich auch schon an dem Punkt, der mir am meisten missfallen hat. Die Menschheit ist in Extraterrestrial schmerzhaft rückständig dargestellt. Auf der einen Seite stehen die Raumfahrt und die Besiedlung verschiedenster Planeten. Auf der anderen die monarchische Regierungsform des Imperiums, eine schon jetzt mehr als veraltete Gesellschaftsstruktur, eine fehlende Emanzipation der Frau, eine religiöse Ausrichtung, die ich so nicht nachvollziehen konnte, und und und. Und das 1000 Jahre in der Zukunft. Ach du Schreck, da kippt man als Leser im 21. Jahrhunderts beinahe vom Stuhl. Für mich war das einfach dermaßen absurd und hatte nichts gemein mit anderen Romanen, Serien und Filmen des Genres aus der Zeit. Kaum etwas vom Entdeckungsdrang in "Star Trek", keine Weltraumschlacht wie in "Star Wars"...nichts. Vermutlich haben sich die Autoren große Mühe gegeben, eine eigene, von allen möglichen Vorlagen unabhängige Welt zu erschaffen und sind meiner Meinung nach grandios daran gescheitert.

Ich muss leider ganz ehrlich sagen, dass ich kaum etwas (bis auf die Aliens, kurioser Weise) in Extraterrestrial ernst nehmen kann. Da wäre etwa Sally, die einzige Frau an Bord der MacArthur, die von ihren männlichen Kollegen nicht mal im Ansatz wertgeschätzt wird. Die schon davon redet, irgendwann heiraten und am Herd enden zu müssen, weil das nun mal so ist. Die sich mit den Köchen unterhält, weil ihr das weibliche Schwatzen an Bord fehlt... Und mir fehlen angesichts dessen die Worte. Einerseits könnte man vermuten, die Autoren hätten die Menschheit absichtlich derart rückständig in gesellschaftlichen Belangen dargestellt, denn die Aliens zeigen im Gegensatz dazu eine wesentlich fortschrittlichere, ausschließlich von Frauen geführte Gesellschaftsstruktur. In dem Fall würde Extraterrestrial implizit Gesellschaftskritik üben... Andererseits wirkt dieses Konstrukt 1000 Jahre in der Zukunft schlicht und ergreifend zu unglaubwürdig. Ich kann mich nur wiederholen: Ernst nehmen kann ich es nicht.

Schwer getan habe ich mich generell mit der zukünftigen Welt in Extraterrestrial. Man bekommt zwar einen kurzen Abriss zur Geschichte des Imperiums geliefert, all die fremden Welten auf den Planeten und auch der Planet der Splitterer (die Außerirdischen) blieben für mich allerdings ungreifbar und vage. Das Ganze ist einfach wenig anschaulich dargestellt und vermutlich hätte hier zumindest eine Karte, wie man sie in vielen Fantasy Büchern findet, geholfen. Schade, denn grundsätzlich haben mich die Idee vom Imperium und all die besiedelten Planeten, nicht zuletzt natürlich die Welt der Splitterer sehr fasziniert. Ähnlich ging es mir auch mit den Charakteren, die so wenig Individualität besitzen, dass sie zu einem trüben Einheitsbrei verschwimmen und man sie bald nicht mehr auseinanderhalten kann.

Abschließend noch ein paar Worte zur Handlung: Von der Grundidee her - grandios. Die Umsetzung - katastrophal. An vielen Stellen zog sich das Geschehen in die Länge wie Kaugummi und dann plötzlich passierte alles Schlag auf Schlag und ohne Luft zu holen. Bevor die Handlung in die nächste langatmige Phase überging. Das Tempo stimmte durchgängig einfach überhaupt nicht. Auch ein erkennbarer roter Faden fehlte, vielversprechende Handlungsstränge verliefen im Sand. Stattdessen diplomatisches Geschwafel über mehrere Hundert Seiten. Nein, auch die Handlung konnte mich leider überhaupt nicht überzeugen.

Mein Fazit:
Leider kann ich die Dinge, die mir an Extraterrestrial gefallen haben, an einer Hand abzählen: Die faszinierend dargestellten Außerirdischen mit allem Drumherum, die Grundidee vom menschlichen Imperium, der anfängliche Konflikt mit den Aliens. Davon abgesehen stimmte für mich bei diesem Science Fiction Roman überhaupt nichts. Von der handwerklich katastrophalen Neuübersetzung über eine wirre, völlig unstrukturierte Handlung und ein vollkommen veraltetes Gesellschaftsbild bis hin zu lieblos und blass gezeichneten Charakteren. Für mich war Extraterrestrial leider eine große Enttäuschung. Ich denke aber auch, dass der Roman einfach nicht mehr in die heutige Zeit passt. Er ist bei Weitem nicht so genial wie andere Klassiker (in der Rezension habe ich einige genannt) und vermutlich deshalb in der Versenkung verschwunden.