Rezension

Von Wisting könnte ich mehr haben!

Wisting und der Tag der Vermissten - Jørn Lier Horst

Wisting und der Tag der Vermissten
von Jørn Lier Horst

Bewertet mit 4 Sternen

Der Roman kam ziemlich gut an in der Leserunde. Das macht mir Hoffnung, dass doch nicht die Mehrzahl der Krimileser pervers ist. (Aber ein Teil schon).

Ein alter, schon fast verjährter Vermisstenfall, beschäftigt sowohl den langjährigen ortsansässigen Ermittler William Wisting wie auch Adrian Stiller, den ehrgeizigen Leiter einer neu gegründeten Gruppe, die sich um Cold Cases kümmert. Stiller kommt aus der Stadt in die ländliche Gegend Norwegens und arbeitet mit Wisting zusammen. Dieses Ermittlerduo hat Potenzial.

Dem Autoren gelingt der Aufbau und die Komposition seines Romans sehr gut. Der alte Fall wird Stück für Stück aufgerollt, man liest in den Ermittlungsakten (und informiert damit den Leser), eine Journalistin soll eine Artikelserie schreiben und die Leute interviewen, die damals involviert waren (und informiert damit den Leser) und der Kriminalkommissar kümmert sich um den Hauptverdächtigen (und informiert damit den Leser). 

„Wisting und der Tag der Vermissten“ vermittelt subtil Spannung durch seine drei Hauptprotagonisten, den älteren Kommissar, den neuen jungen Kommisar und die Journalistin. Persönliche Verwicklungen und der norwegische Alltag kommen genau so zum Ausdruck wie die Arbeit an dem Fall. Kurze Kapitel halten die Spannung hoch und der Leser bleibt am Ball.

Man kommt gänzlich ohne Blut und Folter aus. Es wird erzählt. In einfacher Spache, aber nicht im plumper Manier. Das gefällt mir sehr gut. Nur das Ende ist ein wenig lasch. Damit hätte der Autor sich noch mehr Mühe machen müssen. Gerade beim Kriminalroman kommt der Auflösung eminente Bedeutung zu. An dieser Stelle kann man eigentlich nicht nachlassen. Der Autor muss hierbei nachbessern, damit er zu den ganz Großen seines Fachs heranreift. Hoffentlich bleibt er so unblutig, denn sonst müsste ich ihn abschreiben.

Fazit: Der Autor schreibt im Grunde Krimis genau so, wie ich sie haben möchte. Es geht um Menschliches und Menschlichkeit und nicht um Brutalität. Dennoch ist das Ende nicht ganz rund und kostet einen Punkt.

Doch wäre ich nicht abgeneigt, mir einen zweiten Fall von Wisting zur Brust zu nehmen beziehungweise mir einen weiteren Fall durch den norwegischen Buchautoren Liers Horst vorlegen zu lassen. Und dieses Resümee unterscheidet sich doch erheblich, von demjenigen, das ich bei anderen Autoren gezogen habe: Einmal Fitzek und nie wieder. Einmal Strobel und nie wieder, einmal Rabe und nie wieder, einmal Larsson und nie wieder, etc, etc.

 

Kategorie: Kriminalroman
Verlag: Piper, 2019