Rezension

Vornehm geht die Welt zu grunde

Das venezianische Spiel - Philip Gwynne Jones

Das venezianische Spiel
von Philip Gwynne Jones

Bewertet mit 4 Sternen

In seinem Büro in der Straße der Assassinen genießt Nathan Sutherland als Honorarkonsul ein stabiles, aber nicht aufregendes Leben.Da die Position eines Honorarkonsuls quasi ehrenamtlich ist, übersetzt er zur finanzierung seines Lebensunterhaltes italienische DIY-Handbücher und ähnliches. All dies ändert sich, als ihm eine große Geldsumme angeboten wird, um sich um ein kleines Paket zu kümmern, das ein äußerst wertvolles antikes Gebetbuch enthält, das von einem venezianischen Meister illustriert wurde. Aber ist es ein gestohlenes Meisterwerk - oder eine brillante Fälschung?

Honorarkonsul klingt nach mehr - ist aber eher so etwas wie ein ehrenamtlicher Helfer. Das äußert sich vor allem darin, dass dieser Posten unbezahlt ist. Nathan Sutherland erledigt dann auch alles von einem kleinem Büro seiner Wohnung  in der Calle dei Assassini zwischen Campo Manin und Campo Sant'Angelo. Hier sorgt er hauptsächlich für britische Touristen die in irgendwelchen kleineren Schwierigkeiten stecken.

Ein unmoralisches Angebot

Die Zwillingsbrüder Domenico und Arcangelo Moro leben in einem riesigen Herrenhaus am Canal Grande. Motiviert durch nichts anderes als gegenseitigen Hass, betreiben sie seit zwanzig Jahren exklusiven Kunstdiebstahl als eine Art ein komplexes Spiel. Doch jetzt wird Nathan Sutherland, britischer Honorarkonsul, eher unabsichtlich in ihr tödliches Geschäft hineingezogen, weil ihm eine äußerst dubiose Person ein wertvolles kleines Buch zuspielt und er versucht etwas über dieses Buch zu erfahren.

Lebemann mit Ambitionen

Sutherland ist perfekt im sozialen Milieu  Venedigs integriert. Seine offiziellen Pflichten und seine persönlichen Beziehungen und Vergnügungen führen ihn durch ganz Venedig. Dorthin nimmt er mich als Leser dann auch mit und dieses Venedig  ist das sehr lebendige, atmende Venedig. Ich kann nicht beurteilen, wie vieles jemand wieder erkennt, der in Venedig lebt oder gelebt hat - aber der Autor vermittelt mir ein sehr glaubhaftes Gefühl dafür, wie es ist in dieser Stadt zu leben.

Es fehlt ein bisschen hier und da

Ein bisschen muss sicherlich noch an der Charakterisierung des Protagonisten Nathan Sutherland gearbeitet werden. Er wirkt noch etwas flach und unausgegoren - manchmal ist der streitsüchtiger Kater Gramsci mir sympathischer als sein Besitzer, aber ich bin ja sowieso ein Katzenfan :-) Auch die Nebencharaktere sind nicht immer ganz gut durchdacht, aber trotzdem hat mir das Buch viel Freude gemacht und ich konnte die Liebe des Honorarkonsuls (und vermutlich des Autors) zu dieser außergewöhnlichen Stadt in jeder Zeile fühlen.

Mein Fazit:

Das venezianische Spiel von Philip Gwynne Jones  ist vordergründig zwar ein Krimi, aber tatsächlich ist es eher eine Liebeserklärung an Venedig. Aber ich habe es wirklich geliebt und freue mich auf einen zweiten Band - dann vielleicht mit ein bisschen mehr Krimi :-)