Rezension

Wahnsinnig gut, dieses Finale

Die Schwestern vom Ku'damm: Tage der Hoffnung - Brigitte Riebe

Die Schwestern vom Ku'damm: Tage der Hoffnung
von Brigitte Riebe

Bewertet mit 5 Sternen

Floriane im Rausch mit Farben zwischen Talent und Perfektionismus

Nun ist das Finale der Roman-Trilogie von Brigitte Riebe erschienen. Wieder ist das Cover sehr gut gelungen und passt sich den Vorgängern  wunderbar an. Im Vordergrund eine junge Frau in einer Caprihose.  Vor ein paar Jahren undenkbar. Doch ein neuer Zeitgeist hat die Menschen erfasst. Die langen Entbehrungen sind vorbei. Man fühlt sich frei. Der Spirit der 50-er und 60-er Jahre ist  im Buch greifbar.

 In diesem Band  dürfen wir eintauchen in die Gefühlswelt der kleinen Floriane.  Das gelingt Brigitte Riebe wieder so gut, dass man sie vor sich sieht. Einfach famos. So wie ganz nebenbei werden wir mit der Zeitgeschichte vertraut gemacht. Ob aus Mode, Musik, Film, Fernsehen oder Theater. Viele der damaligen bekannten Persönlichkeiten tauchen in diesem Buch auf. 

Nach einem Jahr in Paris und ihrer gescheiterten Beziehung zu Pascal  kommt  Floriane nach Berlin zurück.   In der französischen Metropole hat sie  viel über Kunst gelernt. Wo immer es ging,  besuchte sie Museen mit den Werken großer Meister.  Ihr Ziel ist es  an der Kunstakademie studieren zu dürfen.  Auch ohne,  das eigentlich verlangte  Abitur. In Paris war sie nicht untätig.  Sie hat allerlei  gemalt und gezeichnet und hofft, dass dies ihre Eintrittskarte für ein Studium sein könnte. Sie möchte endlich nicht mehr als das kleine Nesthäkchen behandelt werden sondern gegen ihre  Schwestern bestehen.                                                        Dem Wunsch ihres Vaters, sich mit ihrem künstlerischen Talent für Farben und  Formen  hauptberuflich in das Modekaufhaus Thalheim einzubringen  setzt sie sich entgegen. Sie will nur eins, sich der Kunst widmen.

Die beiden vorherigen Bücher handeln von Rike und Silvie, ihren großen Stiefschwestern. Diese haben ihren Platz im Leben gefunden, sind erfolgreich. Rike im Kaufhaus und Silvie beim Sender RIAS.  Beide haben auch  schon für den Fortbestand der Thalheim-Familie gesorgt. Aber auch  für sie gibt es keinen Stillstand. So begleiten wir sie hier  weiter.

Sehr gekonnt von der Autorin  geschildert, dürfen wir nun Floris steinigen Weg ihrer Selbstverwirklichung mit erleben. Ich fühlte mich ihr oft verbunden. Mit aller Kraft und Sturheit sieht sie immer vorwärts und steht wieder auf. Benka, ein Freund, den sie währen der Probesemester auf der Kunstakademie kennen lernt ist immer an ihrer Seite, wenn es not tut und das tut es oft. Auf ihn ist Verlass. Er ist ihr Fels in der Brandung. Jeder braucht so einen Menschen, der ohne zu hinterfragen handelt. Das ist hier sehr schön zu erleben. Auch der Familienzusammenhalt nimmt hier einen breiten Raum ein. Hat man auch unterschiedliche Ansichten, man ist für einander da.

Leider sind die Zeiten nicht überall rosig. Den Menschen in der DDR geht es nicht so  gut. Besonders ist dies  in der zwei geteilten Stadt Berlin zu spüren. Viele aus dem Ostsektor kommen zum arbeiten in den Westsektor. Auch die Brüder Friedrich und Carl Thalheim wohnen mit ihren Familien in Ost und West. So trifft sie Abriegelung der DDR mit Stacheldraht, bewaffneten und schießbereiten Soldaten, die praktisch über Nacht geschieht, besonders hart. Flori ist diese  ganze Nacht des 13. August  mit ihrem Freund Benka in Berlin unterwegs. Sie können kaum glauben, was sie dort sehen und erleben.

Brigitte Riebe ist hier eine sehr emotionale Trilogie um das Modekaufhaus Thalheim gelungen. Wunderbar sind  die Zeiten mit ihren Höhen und Tiefen dargestellt. Auch die Thalheims und allen voran, Flori, die die Hauptperson in diesem abschließenden dritten Teil ist. Ich trenne mich nur ungern von ihr. 

Es erstaunt mich immer auf das neue, wie detailgetreu und doch in einem wunderbaren Schreibstil die Autorin uns an ihre Protagonisten fesselt. Sie verbindet die Geschehnisse in Politik, Kultur und Kunst und verwebt sie miteinander. Liebe und Hass. Alles beieinander. Es liest sich so leicht, auch wenn dieser Teil,  durch die Teilung Deutschlands, für mich, die sie in der DDR erlebte, äußerst gefühlsbetont ist.

Das Buch endet mit dem Besuch des amerikanischen Präsidenten Kennedy. Der hält vor dem Schöneberger Rathaus eine in die Geschichte eingegangene Rede, die mit den berühmten Worten: Ich bin ein Berliner endet. Auch Floriane hat sich einen guten Platz ergattert. Sie ist gereift und hat ihre Aufgabe und ihre Liebe, nach einem langen Weg, gefunden. Die Familie Thalheim musste viele Schicksalsschläge einstecken. Durch ihren festen Willen und dem Zusammenhalt  wurden sie gemeistert.

Brigitte Riebe legt uns hier ein Meisterwerk vor. Wie lange mag sie wohl recherchiert haben, um die Personen und die zeitgeschichtlichen Ereignisse zusammen zu fügen?

Wie auch in den beiden anderen Teilen  der Trilogie gibt es am Ende eine Zeittafel. Ich machte von ihr reichlich Gebrauch.

Danke für dieses wundervolle, fesselnde Werk.  Gern empfehle ich es  voller Überzeugung, weiter. Man sollte aber alle drei Teile lesen. Die Familie ist recht ungewöhnlich und für viele Überraschungen gut. Von daher legte ich mir gleich zu Anfang einen Stammbaum an. Aber die Thalheims wären nicht die Thalheims, wenn dieser sich nicht im Laufe der Geschehnisse verändern sollte.

Voller Begeisterung vergebe ich 5 wohlverdiente Sterne. Mehr stehen leider nicht zur Verfügung.