Rezension

Wahnsinnig starker und intensiver Krimi

Der fremde Tibeter - Eliot Pattison

Der fremde Tibeter
von Eliot Pattison

Bewertet mit 5 Sternen

Eigentlich ist es ein ganz normaler Tag für Shan, soll heißen: er schleppt Steine in Tibet. Doch dann liegt auf der neuen Straße eine kopflose Leiche, und zwar die eines Ausländers. Dies ist im gewissen Sinne allerdings auch normal für Shan, den er ist Polizist. Oder eher: er war es. Vor drei Jahren noch war er Kommissar in Peking und hatte alle Privilegien, die damit einher gehen. Dann ermittelte er in einem Fall leider einen hohen Parteifunktionär als Schuldigen und fand sich kurze Zeit später als Feind des Volkes in Tibet wieder. Steine kloppen in einem Strafgefangenenlager als einer von nur wenigen Chinesen unter den Tibetern. Und jetzt liegt da diese Leiche, die anhand von Körperbau und Kleidung eindeutig als Europäer oder Amerikaner zu erkennen ist. SEHR ungünstig da sich justament eine ausländische Delegation angekündigt hat und da passt ein Mord so gar nicht ins Bild. Wie günstig für den Lagerkommandanten, daß sich unter seinen Häftlingen ein erfahrener Polizist befindet und so beauftragt er Shan, möglichst schnell die Leiche zu identifizieren und irgendeinen Schuldigen für den Mord zu präsentieren. Shan kann es aber natürlich nicht lassen, den tatsächlichen Vorgängen auf den Grund zu gehen, auch wenn es wieder mal droht ihn Kopf und Kragen zu kosten.

Das ist der erste Krimi mit Shan Tao Yun und schon dieser erste Teil der Reihe ist schnell zu einem meiner Lieblingsbücher geworden. Der Krimiplot, der wie in eigentlich jedem Teil der Reihe auch eine politische Dimension hat, ist spannend und gut erzählt, mit einigen unerwarteten Wendungen. Was das Buch aber so richtig gut macht, ist Shans Interaktion mit den Tibetern, speziell mit seinen Mitgefangenen. In Shans Arbeitslager sind sehr viele Mönche interniert und diese hören ja nicht auf Mönche zu sein, nur weil ihnen das ein Chinese so befiehlt. Nur durch ihre Güte und ihr Mitgefühl konnte Shan überleben und seine Menschlichkeit bewahren und deshalb muß er auch in diesem Fall weiter nach dem wirklichen Mörder suchen obwohl ihn das in Gefahr bringt. Shan fühlt sich manchmal schon fast als Tibeter, nur um dann in einer anderen Situation wieder staunend und verständnislos auf seine tibetischen Freunde zu schauen. "Der fremde Tibeter" für wahr! Ein sehr gutes Buch und eine sehr gute Reihe, in der das eigentliche immer wiederkehrende Verbrechen das Verhalten der Chinesen in Tibet ist. Sehr zu empfehlen!