Rezension

Wahrlich fantastisch - oder fantastisch wahr?

Der Ozean am Ende der Straße - Neil Gaiman

Der Ozean am Ende der Straße
von Neil Gaiman

Bewertet mit 5 Sternen

Eine Entführung in die magische Fantasiewelt - jedes Kind hatte eine, jedes Kind hatte einen Ort, an welchem es sich mit fabelhaften Kreaturen oder dergleichen getroffen hat und vieles erlebt hat. Auch der Protagonist in Gaimans Roman "Der Ozean am Ende der Straße" hatte ein solches Erlebnis...
"Es war nur ein Ententeich, ein Stück weit unterhalb des Bauernhofs. Und er war nicht besonders groß. Lettie Hempstock behauptete, es sei ein Ozean, aber ich wusste, das war Quatsch. Sie behauptete, man könne durch ihn in eine andere Welt gelangen. Und was dann geschah, hätte sich eigentlich niemals ereignen dürfen..."

Die Erzählweise des Autors packt den Leser sofort bei der Stange - man ist gefangen in der mystischen Welt, die der nun etwas ältere Protagonist erzählt. Er fährt in seine Heimat zurück wegen einer Beerdigung und erinnert sich zurück an die Zeit, als er hier mit 7 Jahren gelebt hat - und auch Lettie Hempstock, die Freundin mit ihrem Ententeich, welcher ein Ozean sei, wie sie behauptet.

Die Begegnung mit den Hempstock-Frauen ist einzigartig und man fühlt sich in Märchen versetzt, sobald sie anfangen zu erzählen. Sie sind die Weisheit an sich und die Beschützerinnen - sie meistern alles und bringen alles ins Lot, wie es sein soll. Lettie ist da auch keine Ausnahme - sie zeigt dem Protagonisten den Teich, ihren Ozean. Dort passieren die unglaublichsten Dinge und der Protagonist macht Bekanntschaft mit schönen Dingen, aber auch mit Monstern.

Der Schreibstil des Autors ist poetisch, idyllisch mit den Erinnerungen des Ich-Erzählers. Die Mystik sickert hier schön durch, hat der Autor doch schon immer eine Schwäche für solches und auch zu den Göttern, wie in anderen seiner Werke erkennbar. Die fantastischen Monster im Roman haben tatsächlich Ähnlichkeit mit den wahren Monstern des Lebens - sei es hier die Angst vor dem Alleinsein, des Erwachsenwerdens und das Drumherum eines Kindes. Geschickt verwebt der Autor diese Eigenschaften sowie auch die wichtigen Dinge wie Freundschaft und Vertrauen in einen Roman, der nur von fantastischen Elementen strotzt.

Als Leser lässt man sich gern in diese märchenhaft Welt zurückversetzen und lernt gemeinsam mit dem jungen Protagoisten die wahren Monster der Realität kennen - in seiner Denkweise noch in Form von fantasievollen Gestalten. Es wird ein Märchen erzählt, das leider wahr ist - nur in anderer Form. Es wird verschönt aufgetischt, so dass man neben dem Geschriebenen auch zwischen den Zeilen lesen muss, um alles wahrzunehmen.

Der Protagonist hat in jungen Jahren so wahrlich schon mit einigen Monstern zu kämpfen, die er aberz ohne Selbstmitleid und ohne Nörgeln anerkennt und etwas daraus macht. Er lernt schnell und kann sich selbst helfen und versucht auf seine ganz eigene Weise in der realen Welt zurechtzukommen. Begleitet man ihn so, fühlt man sich einerseits in eine märchenhafte, wenn auch etwas gespenstische Welt zurückversetzt, hat hier aber auch einen sehr mutigen, kleinen, jungen Mann an seiner Seite, den man nur bewundern kann.

Ein weiteres Meisterwerk des Autoren -welches keineswegs zu ignorieren ist. Als Gernleser des Autors und auch des Genres sollte man dieses Werk unbedingt in die Hände nehmen und eintauchen. Meinerseits gibt es hier eine uneingeschränkte Leseempfehlung, für mich ein Topbuch des Autors!