Rezension

„Walter Nowak bleibt liegen“ ist ein erschütterndes Zeugnis eines Männertypus, der in unseren Breiten jedenfalls hoffentlich am Aussterben ist.

Walter Nowak bleibt liegen - Julia Wolf

Walter Nowak bleibt liegen
von Julia Wolf

Bewertet mit 4.5 Sternen

Julia Wolf, Walter Nowak bleibt liegen, Frankfurter Verlagsanstalt 2017, ISBN 978-3-627-00233-6

 

Nach „Alles ist jetzt“ legt die Schriftstellerin Julia Wolf nun mit „Walter Nowak bleibt liegen“ ihren zweiten Roman vor, aus dem sie beim Bachmann-Wettbewerb schon einen Auszug gelesen hatte und damit bei den Kritikern wie zum Beispiel Sandra Kegel von der FAZ große Begeisterung ausgelöst hat („Eine großartige Männerstudie“).

 

Auf etwa 160 Seiten gelingt es ihr hervorragend, sich in die Psyche eines älteren Mannes hineinzuversetzen. Walter Nowak ist das, was man einen fitten best-ager nennen könnte. Aus seiner ersten Ehe hat er einen Sohn und ist nun mit der jüngeren Yvonne verheiratet, die für einige Tage zu einer Tagung verreist ist. Wie immer hält er, seit vielen Jahren Inhaber eines Hebebühnenverleihs, sich auch an diesem Tag, an dem sich sein Leben ändert, fit. Fit wie ein Turnschuh will er sein, und wenn es geht, mit seiner Figur und Erscheinung andere Frauen beeindrucken.

 

So auch an diesem Tag während der Abwesenheit seiner Frau. Er schwimmt im Schwimmbad seine Bahnen (1000m mindestens jeden Tag), als eine junge Mutter seine männliche Aufmerksamkeit auf sich zieht. Er will sie beeindrucken und stößt sich, unachtsam, bei einer Wende den Kopf an. Außerhalb des Beckens kommt er zu sich, fühlt eine dicke Beule an seiner Stirn. Nichts Schlimmes und dennoch ist dieser Vorfall sozusagen der Beginn des Zerfalls seines Schutzwalls, den er sich um sein Innenleben herum mit den Jahren aufgebaut hat.

 

Der Leser spürt bald, dass dieser Selbstschutz schon lange nicht mehr funktioniert hat. Als er kurze Zeit später in der Waschküche zu sich kommt (er weiß nicht mehr wie er dahin gekommen ist) „bleibt Walter Nowak liegen“ – bildlich gesprochen. Er erinnert sich an seine Eltern seine Kindheit, sein Leben und an die Frauen in seinem Leben.

 

Ein dem Leser und wohl auch der Autorin schnell unsympathisch werdender Mann wird da gezeigt, ein Mann mit Sehnsüchten und Hoffnungen, ein Mann der alten Garde, ein richtiger Macho.

 

Indem sie ihn mit kurzen, oft abgehackten Sätze erzählen lässt, demontiert sie nicht nur ihn, sondern eine ganze Generation von Männern, deren Söhne und Enkel sich so ein Leben und Denken, so ein Verhalten Frauen gegenüber nicht in ihren übelsten Träumen vorstellen können.

„Walter Nowak bleibt liegen“ ist ein erschütterndes Zeugnis eines Männertypus, der in unseren Breiten jedenfalls hoffentlich am Aussterben ist.