Rezension

Warten auf Eliza

Warten auf Eliza -

Warten auf Eliza
von Leaf Arbuthnot

Bewertet mit 5 Sternen

"Warten auf Eliza" von Leaf Arbuthnot, einer englischen Journalistin und Literaturkritikerin, erschien in deutscher Übersetzung von Christiane Burkhardt im Diana-Verlag, (Penguin Rendomhouse, 2021, brosch.). Für mich ist die Autorin eine Neuentdeckung und ich hoffe, noch weitere Werke aus ihrer Feder lesen zu können, da sie mir schöne und zuweilen sehr humorvolle Lesestunden beschert hat.

Oxford, im Jahr des Brexit Referendums, 2016:

Ada, eine über 70jährige Witwe, fühlt sich nach dem Tod ihres Mannes Michael, einem angesehenen Literaturwissenschaftler der italienischen Fakultät Oxford, einsam und ist unglücklich: Sie merkt, dass sie "frischen Wind" in ihr Leben lassen muss, um eine positive Veränderung zu erreichen und gründet nach einem misslungenen Versuch als Kellnerin im Lieblingscafé ein start-up: In "rent-a-gran" stellt sie ihre Kompetenzen und Lebenserfahrungen ihren Kunden zur Verfügung, von denen wir später einige "kennenlernen" sollen (und die mich sehr zum Lachen brachten :). Bevor Michael Karriere machte, schrieb Ada erfolgreiche Lyrik und ihre Gedichte wurden gerne gelesen. Ob sie es noch einmal versuchen sollte? Und ob sich Menschen überhaupt für ihre Lyrik interessieren? (Warten wir es ab)...

Eliza, Mitte 20, eine Studentin am italienischen Institut der Uni in Oxford, will nach ihrem Studium in Bath promovieren. Ihr Thema ist Primo Levi. Während sie anfangs begeistert ist, jedoch an der Uni eher ein Underdog ist und ihre Kontakte sich über den Austausch des Mittagessens kaum herausbewegen, zweifelt sie - auch durch ihre Trennung von Ruby, ihrer Freundin, deren Verlust sie noch nicht überwinden konnte, an ihren Studienabsichten. Sie enttäuscht eine Weile ihren Tutor Mr. Baleotti und versucht ihrerseits, ihrer Einsamkeit in einigen one-night-stands zu entfliehen: Ohne Erfolg....

 

Als Eliza Paola und Leslie kennenlernt, die sich für die Pro EU-Aktionsgruppe engagieren, teilt sie mit Paola zusammen Flugblätter aus und steht vor der gelben Tür, hinter der Ada wohnt: Eliza wohnt in einem Haus, das gerade kernsaniert wird, direkt gegenüber. Im Gegenzug zum "Remain" flyer gibt Ada den beiden jungen Frauen ihr Flugblatt, auf dem sie ihre Dienste als Leihoma anbietet. Tage später fasst sich Eliza ein Herz und klingelt bei der alten Dame: Der erste aller Teeabende nimmt seinen Lauf und beide merken, wie sich jede in Anwesenheit der anderen Frau wohlfühlt. Eine Freundschaft entsteht, die sogar dazu führt, dass Eliza bei Ada wohnen wird. Bis die Ex-Freundin auftaucht und ein Missverständnis der Freundschaft zwischen Eliza und Ada (vorläufig) ein Ende setzt...

Der Stil von Leaf Arbuthnot ist sehr warmherzig und emotional; der Roman eingängig zu lesen und beide Frauen, die ein großer Altersunterschied zwar trennt, die sich jedoch trotzdem zueinander hingezogen fühlen und es schaffen, eine zarte Freundschaft aufzubauen, werden dem Leser immer sympathischer und auch vertrauter, je mehr man in Rückblicken von ihnen liest und sie besser kennenlernt: Eliza wuchs in nicht unproblematischen Verhältnissen auf, Ada gab die eigene Karriere zugunsten der ihres Mannes Michael auf, beide sind sensibel und verletzlich, besitzen aber auch eine ungeheure Stärke und Kraft: Besonders die humorvollen Passagen haben mich zum Lachen gebracht und nehmen der ernsten Thematik um Einsamkeit ihre Strenge.

Die Themen sind darüber hinaus vielfältig: Liebe und Freundschaft, aber auch Verlust und Trauer, Einsamkeit und alleine sein, ohne sich einsam zu fühlen; am Rande auch politische Themen wie der Brexit (deren Verlauf am Tag der Abstimmung ich durch die beiden ProtagonistInnen sehr interessant nachempfinden konnte); Bisexualität und gleichgeschlechtliche Liebe, auch die Zerbrechlichkeit von Beziehungen und Liebe. Nach dem Bruch zwischen Ada und Eliza geht es auch um Gefühle von Reue und Schuld; doch beide sind sich in der letzten Romanszene (bei einer Bootstour in Oxford) darüber einig, dass sie sich mehr als einmal gegenseitig retten konnten!

Fazit:

Ein vor Leben sprühender, zeitweise humorvoller, emotional tiefgehender wunderschöner Roman, der mir sehr gut gefallen hat und den ich unbedingt allen weiterempfehlen möchte, die an den o.g. Themen interessiert sind; gerade in Pandemiezeiten ein witzig-skurriler, aber auch mutmachender Roman um die generationsübergreifende Freundschaft zweier Frauen, die mir sehr ans Herz wuchsen. Ein Dank an die Autorin für wirklich schöne und erheiternde Lesestunden! Von mir erhält "Warten auf Eliza" die volle Punktezahl und 5*