Rezension

Warum musste Camille sterben?

Die Blüten von Pigalle - Michelle Cordier

Die Blüten von Pigalle
von Michelle Cordier

Bewertet mit 3 Sternen

Tolle Atmosphäre, interessante Zeit, langweiliger Kriminalroman.

1945, Paris in der Nachkriegszeit. Das Hotel Lutetia fungiert als Sammelstelle für die Heimkehrer aus den deutschen Konzentrationslagern. Einer von ihnen ist Camille. Doch als seine Verlobte Eloise und ihre Freundin Pauline ihn besuchen wollen, ist bereits die Polizei vor Ort. Camille wurde ermordet und neben ihm fand man eine Druckplatte für eine englische Banknote.

Inspektor Jean Ricolet, Paulines Freund, ermittelt. Doch wo soll er ansetzen? Liegt der Mord in der Vergangenheit des Opfers? Hat er etwas mit seiner Gefangenschaft im KZ zu tun? Hat das Verbrechen sogar etwas mit dem Hotel selber zu tun? Während der Besatzungszeit war das Luxus-Hotel von den Nazis beschlagnahmt und Treffpunkt vieler Pariser Geschäftsmänner und Kollaborateure.

Die Blüten von Pigalle ist bereits der zweite Band um Inspektor Ricolet und dem ehemaligen Résistance-Mitglied Pauline. Doch auch ohne den Vorgängerband zu kennen, kommt man gut in die Geschichte hinein. Auch wenn hin und wieder Anspielungen auf den ersten Teil gemacht werden und ich doch manchmal das Gefühl hatte, etwas Vorwissen wäre nicht schlecht gewesen.

Die Handlung beginnt gemächlich. Doch die Autorin hat die Atmosphäre der damaligen Zeit sehr gut wiedergegeben, so dass die behäbige Erzählweise und die fehlende Spannung, zunächst zu verschmerzen ist. Doch leider trägt dieses Ambiente nicht das ganze Buch. Das, immer noch von der vergangenen Besetzung geprägte Paris, wird anschaulich geschildert und es gibt kurze Einblicke in die, für manche Pariser, beschämende Vergangenheit. Doch die historischen Hintergründe, die eigentliche Besatzungszeit und auch die Kollaboration werden nur gestreift. Das hat mich allerdings nicht gestört, wird das Buch doch als Kriminalroman und nicht als historisches Werk verkauft.

Aber gerade der kriminalistische Teil, ist meiner Meinung nach aber nicht so gut geglückt. Denn richtige Spannung ist bei mir leider kaum aufgekommen. Hat das erste Drittel des Buches mich noch gut unterhalten, wurde es im Verlaufe der Handlung leider immer langweiliger. Es gibt zwar verschiedene Spuren, die Inspektor Jean Ricolet auch akribisch abarbeitet, aber die ganze Ermittlung wirkt langatmig und behäbig. Einiges war sehr konstruiert und wirkte auf mich nicht sehr schlüssig. Es gab ein paar interessante Ansätze, falsche Spuren und unerwartete Wendungen. Doch leider auch sehr viel Leerlauf, einen komplett unnötigen Handlungsstrang und zu viele Abschweifungen.

Dazu hatte ich einige Probleme mit den Protagonisten. Ganz besonders mit Pauline. Zu Anfang fand ich sie noch ganz sympathisch. Doch irgendwann hat sie mich eher genervt. Sie soll in der Résistance gewesen sein. Aber außer ein paar Verbindungen, die sie aus der Zeit noch hat, ist davon nichts zu merken. Sie wirkt naiv, plappert munter Ermittlungsergebnisse aus, mischt sich in die Arbeit ihres Freundes Jean ein und reagiert beleidigt, wenn seine Ermittlungen ihr nicht gefallen. Jean war ja ganz nett,und ist ein intelligenter Ermittler, aber ganz „warm“ bin ich mit ihm auch nicht geworden. Irgendetwas hat mir gefehlt.

Die Leseprobe hatte mich total begeistert, doch bedauerlicherweise konnte der Rest des Romans nicht mithalten.

Ein Kriminalroman, mit toller Atmosphäre in einer interessanten Zeit, der aber leider eher langweilig dahinplätschert.