Rezension

"Warum sprächen wir so gerne mit den Toten und sind so stumm vor den Lebenden?" (S. 58)

Postdoc - Gottfried Schatz

Postdoc
von Gottfried Schatz

Bewertet mit 5 Sternen

"Postdocs" werden sie genannt, sind aber eigentlich Postdoktoranden. Dr. Antal von Némethy ist ein solcher Postdoc. Der aus Österreich stammende Antal macht sein Postdoktorand im renommierten "Baruch and Hannah Levinson Cancer Center" in New York. Im Frühling des Jahres 1975 zog der 29-jährige in die Metropole, aber heimisch, heimisch ist er in dieser Stadt nicht, wobei er sich noch nirgendwo, weder in Österreich, noch in Frankreich, jemals "heimisch" gefühlt hat. Doch er ist zufrieden mit seinem Leben, auch wenn er noch nicht wirklich weiß, wohin es ihn führt, aber er hat ein Ziel vor Augen: Ein Heilmittel gegen Krebs entwickeln, dessen Forschung ihn schon einige Jahre beschäftigt.

 

An einem Junimorgen ändert sich jedoch alles für Antal. Ihm wird der Zugang zum Institut von der Polizei verwehrt, denn es wurde in einem der Laboratorien eine Leiche gefunden. Es handelt sich um Ilona Kováčová, wobei noch nicht klar ist, ob es sich um Mord oder Selbstmord handelt. Sicherlich keine schöne Situation, wenn ein Kollege tot aufgefunden wird, doch für Antal war Ilona mehr als eine Kollegin - sie war seine Geliebte. Es war kein Geheimnis, dass sie kein gutes Verhältnis zum Leiter des Institutes, Dr. Cherascu, hatte, doch hatte dieser Umstand etwas mit ihrem Tod zu tun?

 

Als Antal wenige Tage nach Ilonas Tod einen Brief von ihr erhält, klärt sich einiges auf, doch hinterlässt dieser Brief mehr Fragen, als er beantwortet. Durch Zufall stößt Antal auf eine Spur in die Vergangenheit Ilonas und beschließt, dieser zu folgen. Privat muss er kurzfristig zurück in seine österreichische Heimat und dort begegnet er Ilonas Vergangenheit in Form von Ildikó, Ilonas Zwillingsschwester. Doch dies ist erst der Beginn einer Reise in die Vergangenheit ...

 

 

"Warum sprächen wir so gerne mit den Toten und sind so stumm vor den Lebenden?" (S. 58) Der Plot wurde realistisch und abwechslungsreich erarbeitet. Besonders gut hat mir gefallen, dass bis zum Schluss nicht feststand, wo genau das Buch den Leser hinführt und wie die Geschichte für Antal enden wird. Die Figuren wurden facettenreich und authentisch erarbeitet. Mein Herz habe ich im Besonderen an die Figur des Antal verloren, denn dieser ist, egal wo er lebt, nicht heimisch, doch dies hat wenig mit den Orten zu tun, an denen er lebt, nein, vielmehr mit seiner Abstammung, sodass diese Unruhe, diese Nicht-Ankommen, ihn schon sein Leben lang begleitet. Den Schreibstil empfand ich als packend zu lesen, sodass ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen konnte. Obwohl dieses Buch nicht durch Action besticht, hat die Geschichte etwas, dass mich als Leser in ihren Bann gezogen hat und mir keine Ruhe ließ, bis ich wusste, wo Antals Reise enden wird und ich muss sagen, dieses Buch hat mich auf Grund seines Plots, seiner Figuren und des Schreibstils förmlich berauscht zurückgelassen.