Rezension

Warum sprechen sie nicht miteinander?

Was ich euch nicht erzählte - Celeste Ng

Was ich euch nicht erzählte
von Celeste Ng

Bewertet mit 5 Sternen

Eine melancholisch anmutende Familiengeschichte, ein Familienporträt mit psychologischem Hintergrund, in dem die ersten beiden Sätze lauten:

"Lydia ist tot. Aber das wussten sie noch nicht."

Lydia ist die 17-jährige Tochter eines Ehepaares mit drei Kindern. Er ist Professor, hat chinesische Wurzeln und leidet noch immer unter Ausgrenzung und darunter, dass er nie richtig 'dazu gehörte'. Sie ist eine blonde Amerikanerin mit blauen Augen, die als junge Frau ehrgeizige Ambitionen hatte und Medizin studieren wollte. Das war in der damaligen Zeit nicht selbstverständlich.

Doch dann verliebte sie sich in den schüchternen jungen Dozenten mit dem asiatischen Aussehen und wurde Hausfrau und Mutter. Einmal noch machte sie einen Versuch, ihre Lebensträume zu verwirklichen ... um einen hohen Preis.

Die Geschwisterkonstellationen spielen eine Rolle, aber vor allem das unterschiedliche Verhalten der Eltern ihren Kindern gegenüber. Gerade die blonde Tochter Lydia erhält alle Aufmerksamkeit und soll die Träume verwirklichen, die ihre Mutter einst für sich selbst hatte.

"...Wie schwer es sein würde, die Träume ihrer Eltern zu erben. Wie erstickend, so geliebt zu werden." - "Die Last der Aufmerksamkeit, mit der man sie überschüttete, war ihr zu schwer."

Die jüngste Tochter wird ebenso wenig beachtet wie der Bruder, aber sie beobachtet genau, was in dieser Familie passiert. Und das ist mehr als man auf den ersten Blick denkt. Oberflächlich gesehen scheint alles in Ordnung zu sein, aber der Blick geht hinter die Kulissen und deckt die Problematik der Familie auf, Vorfälle aus der Vergangenheit, über die nie gesprochen wurde und die deshalb noch immer konflikthaft schwelen.

Warum nun starb die Tochter Lydia? War es Mord, Selbstmord oder ein Unfall? Nur die Leser erfahren die Wahrheit, für die Familie bleibt die Frage offen.

Dennoch hat das Buch keine negative Ausstrahlung, sondern regt zum Nachdenken an, was alles falsch gelaufen ist.

"Vorher war ihr nicht klar gewesen, wie brüchig Glück war und wie leicht man es umstoßen und zerstören konnte, wenn man achtlos war."