Rezension

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Was bist Du offline?

Influence - Fehler im System - Christian Linker

Influence - Fehler im System
von Christian Linker

Der Klappentext:

Stell dir vor, die digitale Welt ist von heute an offline ...

Eigentlich sollte heute Amirs großer Tag sein. Mit der Übergabe von geheimem Material an den Netzaktivisten Habakuk war ihm der größte Skandal in der Geschichte des Internets sicher. Doch kurz vor dem Treffen bricht weltweit das Netz zusammen. Wer dahinter steckt, ist unbekannt. Was wusste Whistleblower Manfred, der Amir das Material für den Leak mit der Bemerkung gab, dass ein Ereignis größten Ausmaßes bevorstehe? Inmitten des ausbrechenden Chaos sucht Amir nach dem mysteriösen Habakuk. Als er diesen findet, rast aus dem Nichts ein Auto auf die beiden zu und verfehlt sie nur knapp. Auf wen hatte es der Täter abgesehen? Auf Amir oder Habakuk? Und gibt es eine Verbindung zum digitalen Blackout?

 

Also stell dir vor, die digitale Welt ist von heute an offline...

Kein Facebook, Instagram, TikTok, Twitter, Tellonym, Musically, Youtube, Netflix... Offline... Keine Kartenzahlung, kein Scannen der Gesundheitskarte, kein SmartHome, kein Google, keine GoogleMaps... Nur Orientierungslosigkeit und Chaos.

Christian Linker nimmt sich dieser Thematik gekonnt an und zeigt, auch wenn teils übertrieben, die Auswirkungen des Blackouts auf die Menschen. Sein Schreibstil ist flüssig und gut zu lesen, vorausgesetzt, man ist internetaffin und kennt sich ein wenig mit SocialMedia aus. Sonst könnte es beim Lesen anstrengend werden. Also eher kein Geschenk für die Oma.

Das Cover hat ein schönes Design und eine sehr angenehme Haptik. Es passt sehr gut zur Handlung des Romans.

Christian Linker schreibt aus der Sicht des Hauptprotagonisten Amirs. Amir ist ein Student und Crowdworker, ein naiver, aber auch absolut liebenswerter und sympathischer junger Mann, der viel Zeit online verbringt. Sein langweiliges Leben verläuft sehr geregelt, ohne besondere Höhen und Tiefen, bis es ihm gelingt Kontakt zum Habakuk, einem Internetaktivisten, der sich sehr bedeckt hält, aufzunehmen. Er kann sein Glück kaum fassen, als ihm auch noch die Ehre zugeteilt wird dem geheimnisvollen Habakuk einen Speicherchip mit brisantem Material, das die ganze Zukunft des Internets verändern soll, zu übergeben. Doch plötzlich ist die digitale Welt offline. Aber davor hat ihn Manfred doch schon gewarnt! Und trotzdem fährt Amir nach Köln zur Übergabe, denn er hat es ja versprochen. Zu seiner Überraschung begegnet er am vereinbartem Treffpunkt Kalliope, einem Instagramsternchen mit einer halben Million Follower, der vermeintlichen Erzfeindin Habakuks. Nachdem die beiden knapp einem Mordanschlag entkommen, beschließen sie gemeinsam nach den Whistleblower Manfred zu suchen, denn er muss es doch wissen, was es hier vor sich geht, oder?

Ab hier wird es chaotisch, ein Ereignis jagt das Nächste, viele Menschen vergessen jeglichen Anstand, es gilt das Recht des Stärkeren. An sich alles sehr realistisch, doch auch zu überspitzt, da alles bereits einige Stunden nach dem Blackout passiert. Geschäfte sind leergehamstert, an den Tankstellen gibt es keinen Treibstoff mehr, keiner kommt mehr an Bargeld, der Tauschhandel blüht auf, alles wird natürlich zu absoluten Wucherpreisen angeboten. Besonders erschreckend ist, dass die geltenden Gesetze für Einige nicht mehr zu gelten scheinen. Plötzlich werden Bürgerwehren aktiv und kontrollieren Durchreisende an selbst errichten Straßensperren, auch vor Folter würden sie nicht zurückschrecken. Sexuelle Übergriffe scheinen auch an der Tagesordnung zu sein, so entgeht Kalliope am hellichten Tag in einem gewöhnlichen Kiosk knapp einer Vergewaltigung.

Zu den aktuellen Geschehnissen baut der Autor immer wieder Mal Rückblenden ein, damit der Leser die Handlungsweise der Protagonisten besser versteht. Auch greift er sehr viele aktuelle und vergangene gesellschaftspolitische Themen auf, ich habe tatsächlich einiges wiederholt oder auch dazu gelernt.

Das Buch fand ich sehr spannend, die Wendung am Ende hat mir persönlich nicht gefallen, da ich einfach keine Cliffhanger, die zu viel Raum für Interpretationen lassen, mag. Nichtsdestotrotz würde ich das Buch uneingeschränkt weiterempfehlen!