Rezension

Was der Krieg aus den Menschen macht

Die Frau aus Oslo - Kjell Ola Dahl

Die Frau aus Oslo
von Kjell Ola Dahl

Bewertet mit 3 Sternen

Kjell Ola Dahls Roman “Die Frau aus Oslo“ erzählt eine komplizierte Geschichte auf drei Zeitebenen. Die Handlung setzt 2015 ein, als eine Frau namens Turid ein Armband, das sie 45 Jahre zuvor als gestohlen gemeldet hatte, im Angebot eines Auktionshauses entdeckt. Um dieses Armband wird es erst gegen Ende des Romans wieder gehen. Zuvor geht die Geschichte in das von den Nazis besetzte Norwegen des Jahres 1942 zurück. Die junge Jüdin Ester lebt mit ihrer Familie in Oslo und hat sich dem Widerstand angeschlossen. Sie leitet eine verbotene Zeitung weiter - bis zu dem Tag, an dem sie verraten wird und noch der Verhaftung ihres Vaters zusehen muss. Ester gelingt in letzter Minute die Flucht, während ihre Familie umkommt. Kurz nach ihrer Flucht nach Schweden wird ihre beste Freundin Ase ermordet. Freunde adoptieren ihr Baby, denn Ases zwielichtiger Partner Gerhard - ebenfalls im Widerstand aktiv - flieht nach Schweden, weil ihn die Nazis des Mordes an Ase beschuldigen. 1967 sind die Überlebenden der Gruppe wieder in Oslo. Ester, die zwischenzeitlich in Israel gelebt hatte, will noch immer herausfinden, wer sie damals verraten hat und für den Tod ihrer Eltern verantwortlich ist. Es kommt zu konfliktreichen, gefährlichen Begegnungen, bis die meistern wichtigen Fragen beantwortet sind. Aber es bleiben auch eine Reihe von losen Enden. 

Der recht umfangreiche Roman ist interessant, aber nicht besonders spannend. Teilweise sind weder die Abläufe noch die Motivation der handelnden Figuren völlig klar. Es erschließt sich dem Leser nicht ohne Weiteres, warum dieser Roman so hohe Auszeichnungen bekommen hat. Meine Vermutung ist, dass er besondere Beachtung fand, weil Vergangenheitsbewältigung in Form eines Kriminalromans schon ungewöhnlich ist. Einerseits werden die Leiden des norwegischen Volkes unter der Naziherrschaft gezeigt, andrerseits die Tatsache, dass nicht alle Kollaborateure waren, sondern trotz Mord und Folter im Untergrund für ihr Land gekämpft haben. Insgesamt bin ich ein bisschen enttäuscht von dem Buch, das eine interessante, aber teilweise etwas wirre Geschichte vor historischem Hintergrund erzählt.