Rezension

Was fehlt, wenn ich verschwunden bin

Was fehlt, wenn ich verschwunden bin
von Lilly Lindner

Bewertet mit 4 Sternen

Dieses Buch ist eindeutig anders. Nicht nur, weil es in Briefform geschrieben ist und auch noch in einer solchen, wo keine Korrespondenzen entstehen, sondern die Briefe eigentlich ins Leere gehen, sondern vor allen Dingen auch durch seine Handlung und viele andere Kleinigkeiten im Stil und den Persönlichkeiten der Charaktere.

Für mich einfach sehr auffällig war, wie viel die Autorin mit Wortspielen hantiert, wo die junge Phoebe, deren Briefe an ihre Schwester man unter anderem liest, auf die Herleitung diverser zusammengesetzter Worte auf ihre eigene kindliche, aber teils bewundernswert treffende Weise eingeht, bei der ich so manches Mal mehr als überrascht war, auf welche interessanten Wegen man zu mancher Bedeutung kommen oder sich auch zusätzliche und treffende Bedeutungen zu manchem Begriff ausdenken kann. Das Buch ist eindeutig sehr wortgewaltig. Zudem ist Phoebe, wenn sie mir auch manches Mal etwas seltsam vorkam, ein sehr herziges Mädchen, das man einfach sympathisch finden muss beim Lesen. Es ist zwar so, dass sie mir manchmal für ihr Alter etwas zu erwachsen wirkte, dafür, dass sie kurz darauf wieder sehr kindlich wurde. Jedoch kommen ihre Emotionen gegenüber der Welt, ihren Eltern und ihrer Schwester in ihren Gedankengängen sehr gut durch. Man hat wirklich das Gefühl diese Emotionen zu fühlen und im allgemein ist es ein sehr emotionales Buch, das teils sogar damit auskommt, dass ein einzelner kleiner, sehr unschuldig wirkender Satz beim Leser große Emotionen auslösen kann. Für mich war es aber auch ehrlich teilweise etwas schwer Phoebe und April wirklich zu verstehen, waren sie doch sehr speziellen in ihrer Art, anders war es bei ihren Eltern, deren Art ich gar nicht nachvollziehen konnte, aber die auch sehr gekonnt dargestellt ist, auch wenn ich über diese beiden immer wieder den Kopf schütteln musste, vor lauter Unverständnis auf beiden Seiten, meiner und der der Eltern.

Ein wenig seltsam war es für mich, dass das Buch in Berlin spielt, jedoch alle Charaktere durchweg englischsprachige Namen, die teilweise nicht einmal sehr geläufig sind, haben. Wäre nicht ab und an erwähnt worden, dass man in Deutschland ist, mein Kopf hätte die Geschichte in ein anderes Land, die USA oder Großbritannien gesteckt. Auch die Darstellung von Aprils Krankheit, der Magersucht, war für mich, gerade weil versucht wurde, sie durch die Bezeichnung Ana zu personalisieren, nicht ganz so angenehm, wollte es in meinen Augen einfach nicht richtig passen, obwohl das die meisten sicherlich anders sehen.

Man muss bei diesem Buch einfach mitfühlen und auch, wenn ich ein paar Dinge für mich einfach nicht zur Gänze stimmig empfand, ist es ein Buch, das ich nur empfehlen kann, wohl auch, weil es einen Hauch autobiographisch ist, was vielleicht das erschreckendste an dieser Geschichte ist, wenn man sie gelesen hat.