Rezension

Was für ein Debüt! Dieses Buch hat mich zutiefst berührt.

Nachts ist es leise in Teheran - Shida Bazyar

Nachts ist es leise in Teheran
von Shida Bazyar

Bewertet mit 5 Sternen

Wir begleiten in vier Kapiteln eine persische Familie über vier Jahrzehnte. Jedes Kapitel wird aus der Ich-Perspektive eines Familienmitgliedes erzählt. Den Anfang macht Behsad, der 1979 nach dem Ende der Militärdiktatur des Schahs als Revolutionär auf der Seite der Kommunisten kämpft und beschließt mit seiner Frau und den beiden Kindern nach Deutschland zu fliehen, als sein bester Freund verhaftet wird. Seine Frau Nahid erzählt im zweiten Teil, 1989, von der Ankunft, den Schwierigkeiten, aber auch den Helfern in Deutschland, von ihrem Heimweh, ihren Sorgen und Ängsten. 10 Jahre später, 1999, erfahren wir von ihrer Tochter Lelah, die mittlerweile im Teenageralter ist, von den Vorurteilen in der Schule, aber auch von ihrer Reise in den Iran zusammen mit Mutter und Schwester. Von der Fremdheit gegenüber ihrem Heimatland und den Tanten und Onkeln, an die sie sich kaum noch erinnert. Den Abschluss macht Lelahs Bruder Morad, genannt Mo. Wir schreiben das Jahr 2009 und in Deutschland sind Studentenstreiks aufgrund der Studiengebühren. Was den Studenten Mo aber weit mehr bewegt ist die grüne Revolution im Iran, dass wieder Demonstranten verhaftet werden oder verschwinden, wie damals, 1979...

Shida Bazyar hat einen sehr besonderen, fast schon poetischen Sprachstil und es gelingt ihr wunderbar die vier Abschnitte, die aus der Sicht der verschiedenen Familienmitglieder erzählt sind, zu verbinden, indem sie die Entwicklung der anderen Charaktere nie außer Acht zu lässt. In diesem Buch geht es nicht nur um Migration und Integration, es geht vor allem auch darum wie sich die Identifikation mit der Heimat im Laufe der Generationen verändert und gleichzeitig erhalten wir einen wunderbaren Einblick in die Geschichte Irans vom Beginn der Islamischen Revolution bis zur Wiederwahl Ahmadinedschads, sowie in die persische Kultur. 

Ein hochaktueller Roman in Zeiten der Flüchtlingskrise, der uns einen bewegenden Einblick gibt in das Leben und Denken, die Erwartungen und Ängste der Menschen, die ihr Heimatland verlassen, um in Frieden leben zu können. Bravo!