Rezension

Was für ein wilder Ritt!

Der mexikanische Fluch -

Der mexikanische Fluch
von Silvia Moreno-Garcia

Bewertet mit 4 Sternen

Trotz meiner Abneigung gegenüber Personen auf Covern gefällt mir diese Version erstaunlich gut, da ich mir Naomi genauso vorgestellt habe.
Der Schreibstil von Silvia Moreno-Garcia ist sehr atmosphärisch und einnehmend, obwohl die teilweise sehr ausschweifenden Beschreibungen und Wiederholungen zunächst gewöhnungsbedürftig waren. Trotz allem gelingt es der Autorin eine düstere, bedrückende und stimmungsvolle Atmosphäre zu erschaffen, die sich im Laufe der Geschichte immer mehr zugespitzt hat.

Den Einstieg in das Buch fand ich leider ein wenig langatmig, da die Story eine gewisse Zeit benötigt, um an Fahrt aufzunehmen. Meine kleinen Highlights waren hier die Träume von Naomi, die mit dem Voranschreiten der Handlung an Intensität, Spannung und schaurigen Szenen zugenommen haben.
Was ich besonders hervorheben möchte, ist der Schauplatz des Romans. High Place ist die perverse Version eines Heims, das seine Bewohner fest im Griff hat und nur so vor Geheimnissen und unliebsamen Ereignissen strotzt. Dieses Haus ist der Stoff, aus dem Albträume gemacht werden, da bin ich mir sicher.
Die Autorin hat es geschafft, diesen Ort in eine lebendige Hülle zu verpacken und kreiert damit den perfekten Nährboden für all die Schrecken, denen wir begegnen.
Die Charaktere in diesem Buch wurden ausführlich und interessant ausgearbeitet. Besonders die Doyles waren jeder für sich unheimlich spannende, mysteriöse und unsympathische Figuren, die perfekt zur Szenerie gepasst haben. Lediglich Francis sticht dabei positiv heraus, so scheint dieser so gar nicht zum Rest seiner Familie zu passen.
Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Naomi. Einer eigensinnigen, selbstbewussten, intelligenten und sehr entschlossenen jungen Frau, die dem Geheimnis auf den Grund gehen will.
Gerade am Anfang mochte ich sie als Protagonistin wirklich gerne, im Laufe der Geschichte hatte ich jedoch das Gefühl, dass sie zunehmend ihren Biss verloren hatte. Ihre schwachen Versuche, sich gegen die Doyles aufzulehnen, haben mir lediglich ein müdes Lächeln entlockt und erinnerten mehr an das trotzige Verhalten eines Kindes.
Weniger gut gefallen hat mir, dass ich bei keinem der Charaktere eine Entwicklung feststellen konnte (bis auf Francis). Die Rollen waren von Anfang an klar verteilt, sodass es in dieser Hinsicht keine Überraschungen gab.
Auf den ersten über 200 Seiten passiert im Großen und Ganzen nichts Nennenswertes. Sicher, die Autorin streut von Zeit zu Zeit Informationen ein, die immer mehr Fragen aufgeworfen haben und die Handlung in kleinen Schritten vorangetrieben hat. Zudem begleiten wir Naomi, die das Haus und das Grundstück erkundet, und erleben ihre Albträume hautnah mit, allerdings gab es keine richtige Entwicklung.
Erst im letzten Drittel spitzt sich die Handlung in High Place merklich zu, was mir zwar einerseits gut gefallen hat, mir aber andererseits das Gefühl gegeben hat, dass die Autorin auf den letzten Seiten möglichst viele Twists und Informationen reinquetschen wollte. Dadurch war das Ende leider etwas überladen und für meinen Geschmack zu hektisch.
An dieser Stelle möchte ich noch sagen, dass die eigentliche Auflösung der Geschichte zwar ziemlich krank, abgedreht, pervers und ein wenig drüber war, ich aber genau diesen Aspekt auf der anderen Seite total genial fand. Ich bin mir sicher, dass sich hier die Geister scheiden werden.

Fazit:
"Der mexikanische Fluch" ist ein Buch, das besonders durch seine beklemmende Atmosphäre und das geniale Setting punkten kann. Trotz kleiner Kritikpunkte hat diese Geschichte eine regelrechte Sogwirkung entwickelt, der ich mich nicht entziehen konnte und wollte. Ich freue mich auf weitere Werke der Autorin und empfehle jedem, sich unvoreingenommen auf das Buch einzulassen.
4/5 Sterne

Vielen Dank an das Bloggerportal und den Limes Verlag, die mir das Rezensionsexemplar freundlicherweise zur Verfügung gestellt haben.