Rezension

Was für eine Protagonistin!

Fiona - Als ich tot war - Harry Bingham

Fiona - Als ich tot war
von Harry Bingham

Bewertet mit 4.5 Sternen

Fiona Griffith ist neu auf dem Revier und somit wird sie dazu verdonnert, sich eher mit den Büroarbeiten abzugeben. Zur Zeit soll sie einen Abrechnungsbetrug in einem Möbelhaus nachgehen, doch was sie dabei findet, ist kaum zu glauben. Dieser Betrug erstreckt sich viel weiter, als man nur angenommen hat und geht sogar über Leichen. Da Fiona gerade ihren Abschluss als Undercover Detective absolviert hat, meldet sie sich dazu, im Unternehmen, das des Betrugs verdächtigt wird, als geheime Ermittlerin zu arbeiten. Doch schon während dieser Ermittlungen bemerkt sie, dass die Größenordnung des Falles noch gewaltigere Ausmaße annimmt und das die Strippenzieher hinter der Betrugsmasche eine noch viel größere Reichweite haben, als angenommen, denn es geht hier um viel Geld, um sehr viel Geld.
Meine Meinung:
 Bei diesem Krimi fiel mir der Einstieg nicht ganz leicht, wurde es zwar zu Beginn gleich recht spannend, flachte die Spannung erst einmal deutlich ab und der Autor verlagert sein Hauptaugenmerk mehr auf seine Protagonistin Fiona Griffith, ihrem privaten Stand, über ihre Arbeit etc. Über Fiona gibt es übrigens schon zwei weitere Bände, die in einem anderen Verlag erschienen sind, ich kann nicht beurteilen, ob ich dadurch die Protagonistin besser verstanden hätte, doch vielleicht hätte mir dies so manchen Moment erleichtert, denn Fiona ist wirklich ungewöhnlich. Dazu aber später mehr.
Der Schreibstil des Autors ist eher knapp, fast schon minimalistisch von der Sprache her, dadurch wirkte es ein wenig abgehackt am Anfang, allerdings wurde mir, je mehr ich die Protagonistin kennenlernte, bewusst, was hinter dieser Sprache wirklich steckt. Also wie bereits erwähnt, wirkt die Sprache absolut geradlinig, ohne Schnörkel und ohne Ausschweifungen, was hier auch recht gut passt. Dabei schreibt Bingham durchaus auf einem eher hohen Niveau und der Krimi ist nicht die leichte Lektüre für zwischendurch.
Der Beginn ist noch recht spannend, danach wird es erst einmal ruhiger, doch Bingham versteht es sehr gut, seine Verstrickungen immer mehr in die Geschichte einzubauen. Ich hatte allerdings eine ganze Zeit lang Schwierigkeiten, mich mit der Protagonistin anzufreunden, ihre Handlungen waren mir zeitweise suspekt und erst nach ca. 150 Seiten wurde das Ganze mir wesentlich klarer, als Fiona Griffith mehr von sich selber Preis gab. Ab diesem Augenblick wurde auch bei mir der Schalter umgelegt und es wurde spannend, teilweise erschreckend und auch die Ereignisse nehmen immer mehr an Fahrt auf.
Der Krimi wird in der Ich-Perspektive durch Fiona Griffith erzählt, doch dadurch lernt man sie nicht besonders gut kennen. Eine ganze Zeit lang war sie mir ein Rätsel und ich hatte den Eindruck, dass sie sich in ihrer Undercoverrolle wesentlich wohler fühlte, als in ihrem wahren Leben. Fiona spielt die Putzfrau Fiona Grey und das so gut, dass man sich zeitweise fragt, wer sie wirklich ist. Tatsächlich ist auch genau das, was sich die Protagonistin immer wieder selber fragt, denn in ihr stecken zweifellos zwei Persönlichkeiten und mit ihren Alter Ego gibt sie sich wesentlich natürlicher, als sie sich selbst in ihrem realen Leben gibt. Warum das so ist, wird hier auch sehr logisch erklärt, allerdings recht spät und ich denke, dass dieser Aspekt durch die Vorgängerbände vielleicht klarer wäre. Fiona ist durch und durch ein Unikat, sie hat Ecken und Kanten und das ohne einer dieser stereotypen "kaputten" Ermittler zu sein. Sie wirkt kalt und unnahbar, ist dabei aber eine großartige Denkerin, die sich gerne selbst in Schwierigkeiten bringt. Allerdings besitzt sie soviel Courage, dass sie sich auch immer wieder aus schweren, fast ausweglos scheinenende Situationen herausholt.
Die Nebencharaktere sind hier eher im Hintergrund, wobei sie durchaus ihre, für diesen Krimi wichtigen Rollen, gelungen umgesetzt spielen.
Mein Fazit:
Ein sehr aussergewöhnlicher Krimi, vor allem dank seiner Protagonistin Detective Fiona Griffiths, die wirklich eizigartig ist. Der Schreibstil ist sehr schnörkellos, aber da hier Fiona erzählt, passt dieses perfekt, denn Bingham schreibt so, wie Fiona dem Leser herüberkommt. Das Buch ist keine leichte Lektüre für zwischendurch, doch erst einmal eingelesen, wird es doch zu einem Pageturner. Der Fall ist sehr glaubwürdig und in unserem Zeitalter denkbar, so dass dieser wirklich gelungen ist. Für Krimiliebhaber mit eher hohen Ansprüchen eine klare Leseempfehlung.

Kommentare

AnneMF kommentierte am 22. September 2017 um 17:04

hab mich für eine Leserunde beworben, deine Rezension finde ich sehr informativ.