Rezension

Was für eine tolle Krimi-Reihe!

Doggerland. Tiefer Fall - Maria Adolfsson

Doggerland. Tiefer Fall
von Maria Adolfsson

Doggerland - fiktive Inseln - Gesellschaftskritik - spannender Krimi - eine traumatisierte Kommissarin - interessante Personen

Wer war schon einmal auf Doggerland? Dieser Inselgruppe zwischen Großbritannien und Dänemark? Mit einer Kultur gemischt aus Skandinavien und England, Landschaft ein wenig wie in Schottland und dazu noch ein bisschen bretonisches Lebensgefühl (es gibt jedes Jahr ein großes Austernfest)?

Noch keiner???

Nun, das könnte daran liegen, dass es Doggerland gar nicht gibt. Es gab zwar einmal eine bewohnte Landmasse in der Nordsee zwischen dem heutigen Großbritannien und Skandinavien - aber diese wurde vor 8.000 Jahren überflutet.

Aber die Autorin dieser Krimi-Serie beschreibt Doggerland so detailliert und lebensecht, dass ich am liebsten eine Fähre buchen würde und hinfahren würde.

Natürlich lässt sich an einer solchen fiktiven Inselgruppe das Sozialgefüge eines Landes sehr detailliert beschreiben - und Kritik kommt auch nicht ganz zu kurz.
Vor allem aber ist die Reihe eine Folge von Krimis. Spannend, etwas skandinavisch-sozialkritisch und dazu eine Handvoll Protagonisten, die sehr eigenwillig und manchmal ein wenig exzentrisch sind - aber doch realistisch.

Da ist die Kommissarin - Karen Eiken Hornby - nach vielen Jahren in London nach einem schweren Schicksalsschlag heimgekehrt nach Doggerland. Sie lebt jetzt in ihrem ehemaligen Elternhaus und vergräbt sich in der Arbeit. Aber ein paar Freunde hat sie doch, die sie liebevoll unterstützen. Und mit denen sie gerade Weihnachten feiert. Doch dann muss sie einen Einsatz übernehmen. Auf der nördlichen Insel von Doggerland (es gibt drei Inseln, die letzte Folge spielte auf der Hauptinsel, jetzt kommt die nördliche Insel und im nächsten Band dann wohl die südliche Insel?) wurde ein Mann neben einer Kiesgrube gefunden. Und es war wohl kein Unfall. Hornby beginnt zu ermitteln - und stellt dann fest, dass ein Teil ihrer Familie eventuell involviert ist. Und überhaupt wird das Ganze immer verworrener - und vor dem Ende gibt es noch eine Reihe an unvorhersehbaren Verwicklungen. Alles in allem also ein solider Krimi. Mich interessieren an dieser Reihe aber vor allem das Setting, die Beschreibung einer fiktiven Gesellschaft (die aber äußerst realistisch dargestellt wird) und die Personen, die sehr interessant sind. Da ist die eigenbrötlerische Ermittlerin, ein schwules Pärchen, eine erfolgreiche Künstlerin, ein gescheiterter Musiker, ein Ermittler-Kollege mit Elternzeit-Problemen und ein Chefermittler, der in diesen Fällen nie ermittelt - sondern entweder befangen oder in Urlaub ist.
Ein wenig gestört hat mich, dass das Thema "Gewalt gegen Frauen" anscheinend in jedem zweiten skandinavischen Krimi thematisiert werden muss. Zweifellos ein wichtiges Thema - aber doch bitte noch so gezwungen einbauen - hier ist es zum Glück nur eine Nebenhandlung.

Insgesamt freue ich mich jedenfalls schon auf den nächsten Fall, der Ende des Jahres erscheinen wird.