Rezension

Was hast du denn erwartet?

Stoner - John Williams

Stoner
von John Williams

William Stoner, der Farmerssohn, soll Agrarwissenschaften studieren und entdeckt dabei die Literatur. Er wechselt das Studienfach, promoviert und wird Dozent an seiner Universität. Intrigen verhindern seine Karriere, seine Ehe wird nicht glücklich, mit seiner Tochter kann er nicht viel Zeit verbringen, eine Affäre muss beendet werden. Kurz vor seiner Pensionierung stirbt Stoner an Krebs.

Oder: William Stoner entdeckt die Liebe zur Literatur. Mit Leidenschaft verschreibt er sich ihr und wirft seinen Lebensplan um. Er studiert mit hervorragendem Ergebnis, promoviert und veröffentlicht seine Forschungen. Er wird zum Dozenten berufen und als begnadeter Lehrer entzündet er auch in seinen Hörern das Feuer der Begeisterung. Die Ehe mit seiner psychisch kranken Frau scheitert, doch lässt er sie nicht im Stich und baut eine tragfähige Beziehung zu seiner Tochter auf, die für die damalige Zeit sehr ungewöhnlich für einen Vater ist. Leidenschaftliche Liebe erlebt er mit einer Kollegin.

Einen Lebenslauf kann man sehr unterschiedlich empfinden und auch schildern. Stoners Leben verläuft im Stillen, nach außen hin wirkt er unscheinbar. Er ist ein zurückhaltender Mensch, der sich selbst nicht im Mittelpunkt sieht. Dem entspricht auch die Schilderung des Autors: Ruhig und distanziert berichtet er von Stoners Leben. Was hätte dieser selbst dazu gesagt? Er hätte sich nicht wichtig genommen. Es ist erfrischend zu lesen, wie unprätentiös und genügsam dieses Leben geschildert wird im Gegensatz zu der sonst so häufigen Weise, ein Nichts aufzublasen. Hier stimmen Inhalt und Stil hervorragend zusammen - eine gelungene Passung. Schön, dass dieses lange vergessene Buch nun wiederentdeckt und übersetzt wurde.