Rezension

Was hat schon Platz in einem Koffer?

Ina aus China - Susanne Hornfeck

Ina aus China
von Susanne Hornfeck

Als sich Mitte der dreißiger Jahre die politische Lage in China immer mehr zuspitzt, wird die siebenjährige Chinesin Yinna nach Deutschland geschickt. In Brandenburg wird sie von der verwitweten Frau von Steinitz aufgenommen. Obwohl sie unter Heimweh leidet, gewöhnt Ina (wie sie in Deutschland genannt wird) sich allmählich ein, lernt die deutsche Sprache und findet Freunde. Doch auch das Leben in Deutschland verändert sich, und schon bald greift der Krieg ein zweites Mal in Inas Leben ein…

Vor kurzem habe ich von Susanne Hornfeck bereits „Torte mit Stäbchen“ gelesen. In diesem Buch konnte ich Ina bereits ein klein wenig kennenlernen und war nun sehr gespannt darauf, ihre komplette Geschichte zu erfahren. Ich habe bereits viele Bücher gelesen, welche zur Zeit des Nationalsozialismus sowie während des zweiten Weltkriegs spielen, bislang habe ich jedoch erst wenig über das Leben von Ausländern zur damaligen Zeit in Deutschland gelesen. Susanne Hornfeck beschreibt Inas Leben sehr eindrucksvoll, so dass ich stets ein klein wenig das Gefühl hatte, direkt dabei zu sein. Die Autorin verknüpft Inas persönliche Geschichte sehr eng mit dem politischen Geschehen, sowohl in Europa als auch in China, was das Buch sehr informativ macht.  Dennoch steht Inas persönliche Geschichte stets im Vordergrund. Hierbei macht die Autorin besonders deutlich, wie schwer es ist, wenn man sich nirgendwo richtig zugehörig fühlt und gar nicht so genau weiß, wohin man denn nun gehört.
 

„Manchmal wird ihr ganz schwindelig, wenn sie sich fragt, wer sie denn nun eigentlich ist. Eine deutsche Ina mit chinesischem Gesicht, eine chinesische Yinna, die deutsch denkt?“
(Susanne Hornfeck, Ina aus China, S. 278)

Etwas verwundert hat mich beim Lesen stets, dass Ina in Deutschland doch eher wenig Diskriminierung erfährt. Anfangs wird sie zwar manchmal von andere Kindern als „Schlitzauge“ betitelt, im gesamten Verlauf gibt es dann jedoch nur eine weitere Szene, in der Ina auf Grund ihres asiatischen Äußeren diskriminiert wird.  Im Gegensatz zu ihren Freundinnen darf sie zwar nicht bei BDM mitmachen und wird auch von der Kinderlandverschickung ausgeschlossen, aber hierauf reagiert sie eher mit Trotz, als mit Traurigkeit oder ähnlichen Gefühlen. Hier hätte ich doch mit mehr Problemen gerechnet, da Ina als Chinesin ja keine Arierin ist, was zur damaligen Zeit ja nicht ganz unwichtig war.

Sehr interessant fand ich auch wieder die Einblicke in die chinesische Kultur. Susanne Hornfeck beschreibt die kulturellen Unterschiede zwischen China und Deutschland sehr interessant und mehr als einmal musste ich doch sehr schmunzeln.

Wie der Untertitel des Buchs „oder was hat schon Platz in einem Koffer“ bereits andeutet, beschäftigt sich dieses Buch auch mit dem Abschied nehmen. Ina musste schon jung von liebgewonnen Menschen Abschied nehmen, weswegen sich viele ihrer Gedanken um dieses Thema drehen. Ich fand ihre Gedanken sehr interessant, da sie mich dazu verleitet haben an eigene Abschiede und auch Neuanfänge zu denken.

Fazit: 

Erneut hat mich Susanne Hornfeck mit ihrem Schreibstil gefesselt und mich gedanklich sowohl in eine andere Zeit, als auch teilweise ein anderes Land mitgenommen. Die Art, wie sie die politischen Geschehnisse mit der persönlichen Geschichte der Protagonistin verbunden hat, hat mir wieder sehr gut gefallen.