Rezension

Was ist wirklich wichtig in deinem Leben?

Straight White Male
von John Niven

Bewertet mit 4 Sternen

Was ist wirklich wichtig in deinem Leben? Bist du zufrieden mit dem was du hast? Kannst du vor dir selbst verantworten, was du tust? Und – wie sieht die Bilanz am Ende deines Lebens aus?

Kennedy Marr ist ein Mann, der das Leben in vollen Zügen genießt und das ohne Rücksicht auf Verluste. Er vernachlässigt seine Tochter, seine Familie und versündigt sich an der Liebe. Aber dem großen Schriftsteller und Drehbuchautor ist das alles egal. Zufriedenheit bedeutet für ihn das Alleinsein. Der Alkohol. Und die Frauen. Mädchen, dessen Namen er nicht einmal weiß und deren Nummern sich in seinem Handy häufen.
Er ist ein Lebemann, dem es eigentlich nicht an Geld mangelt, wäre die Steuerbehörde nicht hinter ihm her. Als er dann eines Tages einen renommierten Preis verliehen bekommt, wird ihm die Tragweite dessen, was er dafür tun muss, erst zu spät bewusst. Denn damit verbunden ist ein einjähriger Aufenthalt in seiner alten Heimat England und ein Lehrstuhl an der Universität, an der auch eine seiner Exfrauen doziert. Aber die finanzielle Situation lässt Kennedy schließlich keine andere Wahl, als das Angebot anzunehmen und seinen Lebensmittelpunkt von Amerika wieder zurück nach England zu verlegen.

John Niven unterteilt seinen Text in zwei Teile. Der erste Teil spielt in Amerika. Er stellt den Protagonisten vor, ein selbstgerechtes, dauernd betrunkenes Arschloch. Kennedy ist alles mehr oder weniger egal. Hauptsache er kann seine Arbeit auf ein Minimum beschränken und soviel Geld für Alkohol und Frauen ausgeben, wie es ihm gerade in den Kram passt. Er schert sich nicht viel um seine Familie daheim in England, er will alles einfach nur vergessen. Doch so einfach, wie er sich das vorstellt, ist das nicht. Sein Terminkalender platzt aus allen Nähten und so verkehrt er immer wieder mit der scheinheiligen Welt Hollywoods, die ihn eigentlich nur ankotzt.
Im zweiten Teil verlegt sich die Szenerie nach England und der Protagonist unterliegt einem Wandel. Nicht nur, dass ihm klar wird, wie einsam sein Leben eigentlich ist, sondern auch, wie schäbig er Menschen behandelt hat, die ihn eigentlich liebten.

Der Autor schreibt mit einer Gewalt und ehrlichen Härte, dass man hineingezogen wird in den Wahnsinn Hollywoods und in ein Leben, dass man einfach nicht anders ertragen kann, als es Kennedy hier tut. Ist dieses Buch in seinem O-Ton ein Ernstes und Nachdenkliches, so schmückt Niven es gezielt mit einem Witz, der brutal ist. In der einen Sekunde bringt es einen zum Lachen, in der anderen ist man konfrontiert mit der ungeschönten Wahrheit. Die Zeilen fließen nur so dahin und man weiß, es kann einfach nicht gut für den Antihelden ausgehen, wenn er nicht zur Besinnung kommt.

Zusammmenfassend erschafft John Niven hier ein großartiges Werk voller Witz und ganz eigenem Charme, aber auch einer Ernsthaftigkeit, die einen dazu bringt über sein eigenes Leben nachzudenken. Eine wahnsinnige Kombination.